Um Schlaganfällen vorzubeugen, sollten Gesundheitssysteme in Zukunft den Fokus verstärkt auf Patienten legen, die eine transitorisch ischämische Attacke (TIA) erlitten haben. Das forderte Daniel Bereczki (Universität Budapest, Ungarn) beim ersten Kongress der European Academy of Neurology (EAN) in Berlin. Personen, die ein solches "Schlagerl" gehabt haben, sind in besonderer Gefahr.

Höhere Gefährdung

Mehr als 6.500 Experten aus aller Welt diskutieren vom 20. bis 23. Juni in der deutschen Hauptstadt neueste Entwicklungen ihres Fachgebiets. "Die Gesundheitspolitik ist gefordert, vor allem in einkommensschwachen Regionen geeignete Maßnahmen für TIA-Patienten zu ergreifen, denn Menschen mit geringem sozioökonomischen Status sind besonders gefährdet, einen 'Beinahe-Schlaganfall' zu bekommen und später einen richtigen Schlaganfall zu erleiden", betonte Bereczki mit Blick auf seine aktuellen Forschungsergebnisse.

Das ungarische Forscherteam hatte für die Studie Patientendaten aus den Jahren 2002 bis 2007 ausgewertet, und zwar aus dem ärmsten und dem reichsten Stadtteil Budapests – eine Population von insgesamt 130.000 Personen, hieß es am Sonntag in einer Aussendung.

Rund 4.700 Patienten mit der Diagnose TIA konnten herausgefiltert werden. Wie sich herausstellte, war nur ein Drittel von ihnen (35,4 Prozent) stationär behandelt worden. In fast jedem vierten Fall (23,5 Prozent) hatte man auf eine neurologische Abklärung verzichtet, obwohl TIA ein entscheidender Risikofaktor für einen späteren Schlaganfall darstellt.

Risikofaktor Armut

Ebenso alarmierend ist aber auch folgender Umstand: Arme erkranken deutlich früher als Wohlhabende, und zwar um ganze vier Jahre. Bei Patienten aus dem Nobelbezirk lag das Durchschnittsalter zum Diagnosezeitpunkt eines solchen akuten Problems bei 66 Jahren, bei Patienten aus dem ärmsten Bezirk bei 62 Jahren. "Für die Sekundärprävention ist es eine aufschlussreiche Erkenntnis, dass sozioökonomischer Mangel nicht nur ein bedeutender Risikofaktor für Schlaganfall ist, sondern auch für TIA", sagte Bereczki.

"In etwa 20 Prozent der Fälle geht einem Schlaganfall eine transitorische ischämische Attacke voran. In den ersten Tagen nach der TIA ist das Risiko für einen Schlaganfall besonders hoch. Eine rasche Abklärung und eine sorgfältige klinische Evaluierung können das Risiko, nach einer TIA einen Schlaganfall zu erleiden, um 80 Prozent verringern", kommentierte Anna Czlonkowska (Warschau), Co-Vorsitzende des EAN-Schlaganfall-Expertenteams, die aktuellen Daten. (APA, 22.6.2015)