In der Box: Shure SE846.

Foto: Florian Fetka

Ausgepackt: großzügiger Lieferumfang.

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Kopfhörer für überzeugte Musikenthusiasten.

Foto: Florian Fetka

Bei hochpreisigen Kopfhörern denken die meisten wohl an AKG, Bose oder Sennheiser. Beyerdynamics, Westone oder Shure sind hier schon eher Geheimtipps, selbst unter Musikbegeisterten. Angetestet: Shure SE846, laut dem Portal WhatHiFi die besten In-Ear-Kopfhörer der Welt. Ob diese den hohen Preis von 1.221,11 Euro (UVP) tatsächlich rechtfertigen? User Florian Fetka hat sie für einen Test genauer unter die Lupe genommen.

Die Technik

In jedem der beiden Ohrhörer arbeiten jeweils vier Micro-Driver. Während in Kopfhörern bis 500 Euro nur jeweils ein Treiber den kompletten Frequenzumfang abdecken muss, bestehen diese pro Stück aus einem Hochtöner, einem Mitteltöner, einem Tieftöner und einem zum Patent angemeldeten Subwoofer, die zusammen für ein ausgeglichenes Klangbild sorgen sollen. Vor allem die Bass-Performance wird von Shure besonders hervorgehoben.

Technisch ungewöhnlich sind zehn winzige Metallplättchen hinter dem Subwoofer, die einen mechanischen Tiefpassfilter bilden. Dies führt zu einer Bassabsenkung von 3 dB bei 90 Hz, wodurch die Basswiedergabe präziser werden soll.

Die Kabel sind leicht austauschbar, im Lieferumfang sind ein 1,5 Meter langes Kabel und ein kürzeres (1,15 Meter) samt abnehmbarer Steuereinheit enthalten. Besonders gefallen hier die austauschbaren Schallrohreinsätze, mit denen die Frequenzgänge zwischen neutraler, warmer und heller Klangfarbe nach persönlichen Präferenzen gewechselt werden können.

Der Komfort

Wer Kopfhörer in diesem Qualitätsbereich nicht gewohnt ist, kann anfangs Probleme haben, diese richtig einzusetzen. Das Kabel ist sehr hochwertig und deutlich steifer als günstigere Versionen. Wer allerdings bereits ähnliche Mechanismen gewohnt ist, wird die starke Schallisolierung und den Komfort nach dem Einsetzen sofort zu schätzen wissen.

Die Kopfhörer sind vergleichsweise schwer, bewegen sich aber gerade an der Grenze, um während des Hörens nicht wahrgenommen zu werden. Für jede Ohrgröße gibt es unterschiedliche Ohrpassstücke. Darunter je drei Größen aus Silikon und Schaumstoff sowie ein "Tannenbaumstück".

Während die Silikon-Stücke schnell eingesetzt werden können, passen sich die Schaumstoffaufsätze an das jeweilige Ohr an. Dieser Vorgang dauert etwas länger und erinnert an das Einsetzen von Gehörschützern. Dadurch wird allerdings auch eine bessere Schallisolierung gewährleistet.

Besonders hervorzuheben sind die Tannenbaumstücke, die mit einer Schere auf die richtige Größe zugeschnitten werden können. Diese reichen sehr weit in den Gehörgang hinein und sind anfänglich relativ unangenehm und umständlich zu verwenden. Für den Klang sollen diese die beste Variante darstellen, zur Anwendung kamen beim Test hingegen die von Anfang an gewohnten und angenehmeren Silikon-Passstücke.

Der weitere Lieferumfang ist sehr großzügig gehalten. Mit einem hochwertigen Etui, Flugzeugadaptern, einem vergoldeten Klinkenadapter, einer Steuereinheit sowie zahlreichen Ohrstücken und Kabeln hat man das Gefühl, dass hier seitens Shure nicht gegeizt wurde.

Klangbild und Test

Im Straßenverkehr macht sich besonders die starke Schallisolierung positiv bemerkbar, die bei Shure allerdings auch im niedrigpreisigen Segment (wie etwa den Shure SE215) überzeugt. Die Highend In-Ears funktionieren durch ihren niedrigen Widerstand auch hervorragend mit Smartphones, auch wenn diese je nach Konfiguration nicht das volle Volumen ausschöpfen. Getestet wurde hier mit einem Nokia Lumia 1520, dessen Audio-Chip technisch gesehen jedoch auch etwas hochwertiger ist als der Durchschnitt der Smartphones.

Es wurden verschiedene Genrerichtungen untersucht. Besonders im basslastigen Bereich, wie Dubstep und Electro House, konnten die Kopfhörer stark überzeugen. Hier werden die Möglichkeiten in diesem Formfaktor neu definiert. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man meinen, der Boden bebe. Zugleich wird der separate Subwoofer aber nie aufdringlich und gibt auch schwierige Basspassagen wie Double Bass präzis wieder. Auch die Hochtöner begeistern, Violinkonzerte besitzen nun einen Klang, wie man ihn sonst nur von hochpreisigen Standlautsprechern kennt. Der Mitteltöner hingegen überrascht mit seiner Leistung – verglichen mit anderen Kopfhörern – eher weniger, passt sich aber dem Gesamtklangbild gut an.

Sobald die Musik beginnt, fällt jedoch auf, dass sich hier die Spreu vom Weizen trennt. Durchschnittliche Mainstream-Musik kann man mit diesen Hörern nur noch bedingt genießen, da diese durch meist schlechte Aufnahmequalität deutlich dumpfer klingt. Hier liegt der Vergleich mit Full-HD-Fernsehern nahe. Blu-Rays können überzeugen, während man bei DVDs erst merkt, welche Bildqualität (in diesem Fall Soundqualität) man die letzten Jahre "ertragen" musste.

Zum Vorschein kommen hingegen neue Details, die man bisher nicht wahrnehmen konnte. Manchmal kann man sogar die Tonspuren deutlich hören, bei denen die Gesangsaufzeichnung unterbrochen wurde (so bei dem Disco-Klassiker "Ring My Bell" von Anita Ward). Auch ist eine erkennbare Verbesserung zwischen 192 kbit/s und 320 kbit/s zu hören, den man früher nicht in diesem Umfang bemerkte. Der Unterschied zwischen 320 kbit/s und FLAC-Files fällt hier für ungeübte Ohren jedoch nicht mehr stark ins Gewicht.

Insgesamt zeigen sich hier neue Dimensionen in Sachen Klangqualität. Während Bass-, Metal/Rock- und Klassik-Fans voll auf ihre Kosten kommen, wird man bei schlecht aufgenommener Mainstreammusik eher ernüchtert. Auch bei hochwertigerer Qualität können die Kopfhörer im Popbereich noch nicht ganz ihre Stärken ausspielen.

Fazit

Die Shure SE846 sind nur etwas für überzeugte Musikenthusiasten und professionelle Musikproduzenten. Diese werden sich umso mehr an dem hochwertigen Klangbild, der großen Bühne und der neuen Definition von Basswiedergabe erfreuen. Akustisch gesehen, spielen diese Kopfhörer in einer völlig neuen Liga, versteckte Details kommen zum Vorschein, und nahezu jedes Musikstück kann neu erlebt werden. Neben dem Klang konnten vor allem der Lieferumfang und die technische Anpassung überzeugen. Von außen zeigen sich die Shure-Kopfhörer recht unspektakulär und sehen den günstigen Serien zum Verwechseln ähnlich – was aber fast als britisches Understatement betrachtet werden kann. Noblesse oblige. (Florian Fetka, 6.7.2015)