Wien – Fragen zur Religions- und Meinungsfreiheit haben diese Woche auf Einladung des König-Abdullah-Dialogzentrums KAICIID Vertreter von Weltreligionen gemeinsam mit Journalisten und Mitgliedern zivilgesellschaftlicher Organisationen in Paris erörtert. Der Fall des zu 1000 Peitschenhieben verurteilten saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi kam dabei offenbar nicht zur Sprache.

Wie aus einer am Freitag veröffentlichten Aussendung hervorgeht, wurde als Ergebnis des Diskussionsprozesses in Paris "die universelle Verurteilung von gewaltsamen Handlungen im Namen von Religionen" festgehalten. "Die Teilnehmer dieses Forums begreifen Religions- und Meinungsfreiheit als zwei universelle und sich ergänzende Grundrechte", erklärte Metropolit Emmanuel von Frankreich.

"Konstruktiver Diskurs"

KAICIID-Generalsekretär Abdulrahman bin Muaammar sprach sich dafür aus, einen "konstruktiven öffentlichen Diskurs über die universellen Menschenrechte der Glaubens- und Meinungsfreiheit" zu fördern.

Im Rahmen des sogenannten "Europäischen Medienforums" des KAICIID wurden von den Teilnehmern unter anderem folgende Empfehlungen formuliert: Sobald Religion als Rechtfertigung für die Ausübung von Gewalt herangezogen werde, seien Gläubige dazu aufgerufen, sich öffentlich dagegen auszusprechen. Durch Schaffung "automatisierter Mechanismen zur freiwilligen Selbstregulierung" könnten Medien "Fälle von beleidigenden Äußerungen" leichter erkennen.

Kein Diskussionsthema scheint der Fall Badawi gewesen sein, der im Mai 2014 zu zehn Jahren Haft, 1.000 Stockschlägen und einer Geldstrafe verurteilt wurde, weil er in einem Internetforum den Islam beleidigt haben soll. 50 Schläge hat er Anfang Jänner vor einer Moschee in der Hafenstadt Jeddah erhalten, die weiteren Tranchen wurden "aus gesundheitlichen Gründen" bisher aber immer wieder verschoben.

Auch an diesem Freitag dürfte Badawi nicht ausgepeitscht worden sein, wie Amnesty International unter Berufung auf eine ihr vorliegende Sharia-Liste der APA mitteilte. Da das saudische Höchstgericht die Strafe aber bestätigt hat, muss der kritische Blogger damit rechnen, weitere Hiebe zu erhalten. Amnesty kritisierte scharf diese quälende Unsicherheit für Badawi und seine im kanadischen Exil lebende Ehefrau.

Am Freitag hielten die Grünen Abgeordneten Eva Glawischnig, Alev Korun und Georg Willi ihre 24. Mahnwache für Badawi, dessen Rechtsanwalt Waleed Abulkhair und alle Gewissensgefangenen vor dem König-Abdullah-Zentrum in Wien ab. (APA, 19.6.2015)