Angela Merkel kommt nicht zu Wolfgang Schüssels 70er-Feier am Montag. Letztes (allerletztes?) Treffen der EU-Spitzen mit der griechischen Regierung.

Die sind inzwischen gut im Nervenkrieg, zumindest nach außen. Alexis Tsipras betont immer wieder aufs Neue, dass die Verhandlungen ohnehin super laufen, es fehle nur noch ein ganz kleines Stück. Übersetzung: Ich bin ja vernünftig und kompromissbereit, nur diese bösen Leute von EU-Kommission, IWF und EZB wollen sich nicht bewegen. Dazwischen spielen er und Finanzminister Yanis Varoufakis die südliche Variante von Apokalypse now: Der Grexit wäre der Anfang vom Ende der Eurozone. Eine Art Drohung mit einem Selbstmordanschlag unter Freunden.

An der griechischen Krise ist jahrzehntelange Misswirtschaft der anderen Parteien schuld, das ist richtig. Aber die linksradikale Sammelbewegung Syriza hat in sechs Regierungsmonaten nicht eine effektive Maßnahme gesetzt, um den "failing state" Griechenland auf einen neuen Kurs zu setzen.

Dass Tsipras und Varoufakis so hartnäckig einen Schuldenschnitt verlangen, obwohl die Zinsen ohnehin sensationell niedrig sind und die Rückzahlung praktisch gestundet ist, hat nach allen Anzeichen nur einen Grund: Sie wollen, wenn die Schulden weggefallen sind und Griechenland dadurch wieder Kredit auf den Finanzmärkten hat, neue Schulden aufnehmen. Weitermachen wie immer. (Hans Rauscher, 19.6.2015)