Langzeitwiener werden bei Gemeindewohnungen bevorzugt.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Die Vergabe von Wohnungen im geförderten und kommunalen Wohnbau in Wien wird schon ab 1. Juli neu geregelt. Nutznießer sind nicht finanziell besonders schlecht gestellte Antragsteller für Sozialwohnungen, sondern Wiener, die bereits sehr lange in der Bundeshauptstadt wohnen. So können neu zugezogene Wiener auch um keine geförderten Wohnungen mehr ansuchen: Sie müssen – wie bei der Vergabe von Gemeindewohnungen – zumindest zwei Jahre in Wien hauptgemeldet sein, um sich überhaupt anmelden zu können.

Diese Regelung gilt für den Zuzug aus den Bundesländern ebenso wie für EU-Ausländer. Drittstaatsangehörige müssen nachweisen, dass sie zumindest zwei Jahre in Wien und drei Jahre in anderen EU-Staaten hauptgemeldet waren.

"Herzlich willkommen"

Dazu kommt ein weiterer Bonus für Langzeitwiener: Sie werden bei der Warteliste für Wohnungen bis zu neun Monate vorgereiht, wenn sie 15 Jahre oder mehr in Wien gemeldet waren. Jene Personen, die zehn Jahre ihren Lebensmittelpunkt in Wien hatten, werden sechs Monate gut geschrieben. Antragsteller, die fünf Jahre in Wien hauptgemeldet waren, erhalten einen Wartezeit-Verringerungsbonus von drei Monaten.

"Jene, die nach Wien kommen, müssen sich hinten anstellen", sagte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig bei der Präsentation am Mittwoch. "Aber natürlich sind alle herzlich willkommen."

Ludwig: Keine Anbiederung an FPÖ-Wählerschaft

Zum Vorwurf der Grünen, dass sich die SPÖ mit den Maßnahmen der potenziellen FPÖ-Wählerschaft in Wien anbiedere, sagte Ludwig. "Dieser Vorwurf ist aus der Luft gegriffen." Als Wahlkampftaktik vor der Wahl am 11. Oktober wollte Ludwig die Verschärfung nicht verstanden wissen. "Es ist immer Wahlkampf."

Neben der Bevorzugung von Wienern wird der ganze Zugang zum sozialen Wohnbau neu organisiert: Das "Wiener Wohn-Ticket", das Berechtigte bei der Wohnberatung Wien in der Guglgasse 7-9 ab 1. Juli lösen können, ersetzt das System der Vormerkscheine. Bisher erhielt man für verschiedene Fördersparten individuelle Vormerkscheine. Das neue Ticket gilt für die gesamte Palette: von geförderten Miet- und Genossenschaftswohnungen über gefördertes Eigentum bis zu Gemeindewohnungen.

Wartezeit etwa 1,5 Jahre

Je spezieller die Wünsche der Antragsteller seien, desto länger sei die Wartezeit, sagte Ludwig. Bei halbwegs Genügsamen betrage diese etwa 1,5 Jahre. Bei Wiener Wohnen stehen 16.500 Personen, die neu um Sozialwohnungen ansuchen, auf der Warteliste. Etwa 10.000 bis 11.000 Wohnungen werden pro Jahr vergeben.

Bei Antragstellern, die einen Überbelag und somit Anspruch auf eine größere Wohnung geltend machen, werden die Regeln verschärft. So werden nur noch Großeltern, Eltern und Kinder – und nicht mehr Tanten und Onkeln – anerkannt. Da gab es immer wieder Missbrauch, sagte Ludwig. "Da waren plötzlich sieben Leute in einer 25-Quadratmeter-Wohnung gemeldet."

Hohe Einkommensobergrenzen bleiben

An den hohen Einkommensobergrenzen für Sozialwohnungen soll, wie von den Grünen am Dienstag gefordert, nicht gerüttelt werden. Weiter gilt, dass für eine Familie mit vier Personen die Netto-Einkommensobergrenze bei fast 6000 Euro pro Monat (14-mal/Jahr) liegt.

Die Opposition übte an den neuen Maßnahmen heftige Kritik. "Sozialwohnungen sollen in Wien sozial Bedürftigen zur Verfügung gestellt werden, nicht sozialdemokratisch Bedürftigen", sagte ÖVP-Landeschef Manfred Juraczka.

Wegen des Wohnungsdrucks in Wien wurde auch von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) Transparenz über die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Wien gefordert. Eine Studie darüber wird in wenigen Tagen vorliegen, sagte Ludwig. Schätzungen reichten von 30.000 bis 100.000 leerstehenden Wohnungen. (David Krutzler, 17.6.2015)