Der Auftritt von Alfred Gusenbauer in der ZiB 2, wo er seinen Beratervertrag mit der mittelasiatischen Despotie Kasachstan verteidigen musste, wird nicht in den großen Sammelband "Glaubwürdige Politiker des 21. Jahrhunderts" eingehen.

Gusenbauer befindet sich allerdings in illustrer Gesellschaft: Der britische Expremier Tony Blair wurde wegen fragwürdiger Geschäftskontakte mit den autoritären Regimen in Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten kritisiert. Gerd Schröder, Ex-SPD-Kanzler, dient Wladimir Putin, der Russland immer stärker in die Autokratie zurückführt, als Vertreter in der strategischen North-Stream-Pipeline. Außerdem ist er Fürsprecher Putins in der Welt.

Gusenbauer bestreitet, als Lobbyist in der Sache Alijew (undurchsichtige Intrige um Exschwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, vor kurzem in einem Wiener Gefängnis gestorben) tätig gewesen zu sein. Er habe vielmehr Kasachstan in Sachen Demokratisierung beraten.

Lassen wir das einmal so stehen. Wobei man sich schon fragen muss, warum so gehäuft sozialdemokratische Exregierungschefs wie Blair, Schröder (der auch für Nasarbajew gekeilt werden sollte) und Gusenbauer ausgerechnet bei exotischen Diktatoren und Halbdiktatoren so gern ihr Beratungs- und Lobbyismusgeld verdienen.

Eine zynische Antwort wäre: Sie finden niemanden anderen.

Konservative und liberale Expolitiker kommen eher bei (westlichen) Großkonzernen unter, weil sie zu denen eine innere Affinität haben: Altkanzler Wolfgang Schüssel berät den deutschen Energiegiganten RWE. Susanne Riess-Passer ist Österreich-Chefin des deutschen Wüstenrot-Konzerns.

Die Regel gilt natürlich nicht durchgehend. Exvizekanzler Spindelegger (ÖVP) steht im Brot bei dem ukrainischen Oligarchen Firtasch, der aber eher in Opposition zur Regierung in Kiew steht.

Exkanzler Vranitzky arbeitete eine Zeitlang für die (sozialdemokratisch geführte) deutsche West-Landesbank (die inzwischen im Strudel der Finanzkrise verschwunden ist). Gusenbauer ist auch Vorsitzender des Aufsichtsrates des Baukonzerns Strabag von Hans Peter Haselsteiner (der die Neos unterstützt). Viktor Klima war vor seiner Kanzlerschaft Topmanager (OMV) und wurde es nachher wieder (VW Argentinien). Dagegen ist auch nichts zu sagen. Austausch zwischen Wirtschaft und Politik gelingt zwar selten (positiv: Vranitzky; negativ: Frank Stronach), aber er ist meist legitim.

Was nicht oder fast nicht geht, sind persönliche Geschäftsverbindungen zu Machthabern, die entweder eine feindliche Haltung zu Europa haben (Putin) oder versuchen, die westlichen Rechtssysteme zu beeinflussen (Nasarbajew). Gusenbauer sollte diesen Klienten sehr gut evaluieren. Eine ganz andere Frage ist, ob man der Verlockung, das in der eigenen Amtszeit erworbene Herrschaftswissen nachher zu "monetarisieren", nicht widerstehen sollte. Jedenfalls, wenn man einen Ruf zu verlieren hat. (Hans Rauscher, 16.6.2015)