"Ehrliches Lesefutter" mit Interviews, Entschleunigungstipps und Reportagen: 140 Seiten schwer ist "Shift", ein neues Gesellschaftsmagazin aus Deutschland. Knapp 20 Autoren schrieben für die erste reguläre Ausgabe.

Foto: Shift

Wien - Mut kann man jetzt kaufen: Daniel Höly hat ein Magazin gegründet. Es nennt sich Shift und kostet sieben Euro. Das allein wäre jetzt noch nicht bemerkenswert, nur: Das Magazin ist als reines Printprodukt konzipiert. Im Visier sind junge Erwachsene bis 35 Jahre und damit eine Zielgruppe, die sonst tendenziell im Fokus von Onlinemedien steht. "Wir sind acht bis zehn Stunden pro Tag im Internet", sagt Höly zum STANDARD, "warum also nicht einmal bewusst abschalten, um längere Stücke zu lesen?" Entschleunigung als Credo, Qualität als Ziel: Höly definiert Shift als Gesellschaftsmagazin für "Menschen mit Mut zur Veränderung".

Neben ansprechendem Design bietet das Heft auf 140 Seiten etwa ein Interview mit Samuel Koch, der seit seinem Unfall bei Wetten, dass ...? im Rollstuhl sitzt, eine Geschichte über die Nachrichtenflut mit dem Titel "Meister der Informationssklaverei" oder einen Artikel über einen Berliner Aussteiger im "Geldstreik".

Butterbrot als Lohn

Höly studierte in Darmstadt Onlinejournalismus. Die Idee zu Shift goss der 28-Jährige in seine Masterarbeit. Dem Entschluss, daraus ein eigenes Magazin zu gründen, liegt eine Zahl zugrunde: 5,66 Euro. So viel erhielt er als freier Journalist, als er einen Artikel für eine Regionalzeitung schrieb. Eine Ernüchterung, auch wenn es nur zwei Stunden Arbeit waren: "Da investiere ich lieber in ein eigenes Produkt", sagte er letzte Woche in Wien, als er beim Media Innovation Day des fjum sein Magazin vorstellte.

Die ersten zwei Ausgaben finanzierte er über Crowdfunding - 2013 sammelte er für die Nullnummer 7000 Euro. Für das erste reguläre Heft, das jetzt im Handel ist, lukrierte er schon 15.000 Euro. Summen, die seine Zuversicht nähren, mit Shift am Leser- und Werbemarkt zu reüssieren. Künftig soll das Magazin vierteljährlich erscheinen und zusätzlich zum Verkauf in Trafiken auch über ein Abomodell vertrieben werden - neben Deutschland noch in Österreich und der Schweiz. Das Heft möchte Höly eine Zeitlang noch in Eigenregie schaukeln. Einen Verlagspartner will er nur an Bord holen, wenn er die Rechte behält: "Wir wollen nicht eingegliedert werden und alles abtreten." Auch behalten will er vorerst den Offlinemodus. Also keine Facebook-Präsenz? "Nein, denn hier erntet man häufig nur müde Likes." (Oliver Mark, 17.6.2015)