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Kanzler und Vizekanzler wollen die Zelte wegbekommen.

Foto: APA/HANS PUNZ

Wien – Die Bundesregierung will in Zukunft eine Koordinierungsfunktion in der Frage der Unterbringung von Asylwerbern in Österreich übernehmen. Das haben Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Dienstag nach dem Ministerrat erklärt. Man wolle die Zelte wegbekommen und die Unterbringungsdebatte auf die Ebene der Bezirke herunterbrechen, so der Kanzler.

Für Faymann geht es um das Dreieck aus menschenwürdigen Lösungen, dem Ernstnehmen des Asylrechts und der Frage der Verkraftbarkeit. "Dieses Thema ist nicht geeignet, um es in den Hass zu führen", sagte er. Auch Hilflosigkeit und Panikreaktionen seien nicht angebracht.

Unterstützung für Innenministerin

Geplant sind nun zwei Treffen, eines davon mit Nicht-Regierungs-Organisationen. In einem weiteren will Faymann die Landeshauptleute einladen, sich die Lage in den Bezirken genauer anzuschauen. Es gebe solche, denen Dank gebühre, aber auch Bezirke, die gar keine Aufgabe in der Asylbetreuung übernommen hätten.

Mitterlehner unterstützte dies. Man sei in der Regierung der Ansicht, "dass man das Thema nicht unbedingt mit alleiniger Öffentlichkeitsarbeit in den Griff bekommen kann". Man wolle koordinieren und auch der Innenministerin Unterstützung geben, "die jetzt eine Situation vorfindet, die mit dem Regelwerk, wie wir es haben, und mit der Einstellung in den Bundesländern nicht beherrschbar scheint".

Kasernen als Notquartiere nicht ausgeschlossen

Die Frage, ob Mikl-Leitners am Freitag endendes "Ultimatum" an die Länder damit obsolet sei, versuchten beide zu umschiffen. Faymann sprach lieber von einem "Stichtag", und die Öffnung von Kasernen als Notmaßnahme sei nicht auszuschließen. Man werde die Belegung von Traiskirchen nicht in kurzer Zeit auf 1.000 Personen reduzieren können, auch wenn dies das Ziel sei. Die Lösung sei jedenfalls, dass in ganz Österreich die Unterbringung in kleinen Einheiten erfolge.

Mitterlehner zeigte sich bemüht, nicht den Eindruck der Einmischung durch die Bundesregierung zu erwecken. "Die Kompetenzen bleiben so, wie sie sind", sagte er. Dennoch gebe es den Wunsch, "die Flüchtlingsreferenten durch ihre Landeshauptleute eine andere Einstellung erfahren zu lassen". Man wolle großen Lagern entgegentreten, die Koordination probieren und "politisches Commitment aller Beteiligten" anstreben.

Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) bekräftigte vor der Regierungssitzung, dass – wenn benötigt – die Umbauarbeiten in den bereits bekannten Kasernenstandorten kommenden Montag beginnen könnten. Erneut übte er Kritik an Mikl-Leitners Entscheidung, Dublin-Verfahren zu priorisieren und damit neue Asylanträge auf die lange Bank zu schieben. "Ich halte den Weg, den die Innenministerin in diesem Zusammenhang beschreitet, für einen Irrweg."

Kasernenthematik

Auch wenn die Regierungsspitze das Ultimatum der Innenministerin abgeschwächt hat, steht noch immer die Öffnung von Kasernen in säumigen Bundesländern zur Diskussion. Bereits kommende Woche könnte man mit den Adaptierungsarbeiten beginnen. Aus Tirol kommen positive Signale, aus Salzburg nicht.

Konkret stünden Kasernen in der Lungauer Gemeinde Tamsweg, in Vomp in Tirol und in der Kärntner Gemeinde Bleiburg zur Verfügung. Zusätzlich könnte man die Flüchtlingsunterkunft in der Kaserne Freistadt im Mühlviertel ausweiten und gleich 400 Plätze stünden in der Kaserne in Horn parat. Freilich gilt gerade letzterer Standort als unwahrscheinlich, hat man doch in der Waldviertler Gemeinde erst vor kurzem in einem anderen Gebäude eine größere Unterkunft eröffnet.

Widerstand aus Salzburg

Widerstand kommt auch aus Salzburg gegen den Standort Tamsweg. Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) spricht sich nach wie vor gegen einer Öffnung der örtlichen Kaserne für Flüchtlinge aus. Denn das würde bedeuten, dass Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) die Grundwehrdiener absiedeln würde, was de facto einer Schließung der Kaserne gleichkomme. Die Schließung entspreche aber nicht den Vereinbarungen auf Bundesebene mit dem Land Salzburg, hieß es aus dem Büro von Haslauer. Es sei klar festgehalten worden, dass ein Ausschluss einer militärischen Nutzung auch nach Ende 2016 nicht feststehe und über die weitere Vorgangsweise mit dem Land zu verhandeln sei. Auch eine temporäre Öffnung der Kaserne lehnt Haslauer aus den oben genannten Gründen ab.

In der Zeltstadt bei der Landespolizeidirektion Salzburg waren am Dienstagvormittag noch 227 Flüchtlinge und im Turnsaal der Polizei 40 Flüchtlinge untergebracht. Das Land befindet sich auf der Suche nach zusätzlichen Quartieren, damit auch die Unterkunft in Zelten nicht mehr notwendig ist. "Wir prüfen derzeit auch größere Quartiere", sagte ein Sprecher der für Asyl und Grundversorgung zuständigen Landesrätin Martina Berthold (Grüne) am Dienstag zur APA. Bis Freitag sollen Ergebnisse vorliegen: "Wir sind ehrgeizig im Erreichen des Ziels." Derzeit würden im Land Salzburg 2.400 Flüchtlinge betreut.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) betonte indes, dass es derzeit "gute Gespräche" mit dem Bürgermeister über die Unterbringung von Flüchtlingen in der Kaserne Vomp gebe. Tirol sei jedenfalls "sehr bemüht, die Herausforderungen zu bewältigen", meinte Platter zur APA am Rande einer Pressekonferenz: "Diese Woche werden wir beispielsweise wieder über 200 Flüchtlinge aufnehmen." In puncto Quote gelte er aber zu bedenken, dass es sich dabei um einen "flexiblen Prozess" handle und diese sich daher ständig ändern würde. Im Rahmen dieses Prozesses sei Tirol aber bemüht, die Vorgaben einzuhalten. (APA, 16.6.2015)