Sofia – Die ethnischen Spannungen in Bulgarien nehmen vor der Kommunalwahl im Herbst zu. In der Nacht auf Dienstag versuchten 50 bis 60 Personen, eine illegale Roma-Siedlung nahe dem südwestbulgarischen Dorf Garmen zu stürmen, meldete die bulgarische Nachrichtenagentur BGNES. Laut Polizeiangaben hatten sich die Randalierer auf eine Schlägerei mit den Roma vorbereitet.

Die Polizei, die das Roma-Viertel seit drei Wochen abriegelt, konnte die Gruppe demnach gegen 1.30 Uhr aufhalten. Die Situation in Garmen eskalierte Ende Mai, als ein Streit zwischen Dorfbewohnern und einer Roma-Familie in einer Massenschlägerei mit einer Dutzend Verletzten endete. Seitdem steht der Ort unter Polizeischutz, da die Behörden nicht ausschließen, dass der Konflikt ausufert. Anlass für diese Vermutung gibt die Teilnahme von rechtsradikalen Fußballhooligans an den darauffolgenden Kundgebungen der Dorfbewohner gegen die Kriminalität unter den Roma.

Schwelender Konflíkt

Der Konflikt war nicht der erste in Bulgarien. 2011 löste ein tödlicher Verkehrsunfall in Südbulgarien eine bis dahin beispiellose Anspannung zwischen der bulgarischen Bevölkerung des Landes und der Roma-Minderheit aus. Nun hat die Spannung zwischen Bulgaren und Roma auch in der Hauptstadt Sofia zugenommen. Seit vergangenem Wochenende protestieren bulgarische Familien gegen das "asoziale Verhalten" der Einwohner eines der Roma-Viertel in der Millionenstadt. Am Montagabend kam es zu Ausschreitungen, als sich der friedlichen Kundgebung Fußballhooligans angeschlossen haben. Die Polizei hat 20 Menschen vorläufig festgenommen.

Die ethnische Spannung hat bereits auch für kontroverse politische Kommentare gesorgt. Konservative Politiker der Regierungskoalition in Sofia werfen der liberalen Minderheitspartei DPS Stimmenkauf in den Roma-Gettos vor. So behauptet der Vorsitzende des mitregierenden konservativen Reformblocks Radan Kanew, die illegalen Roma-Gettos in Bulgarien werden absichtlich geduldet. "Die asoziale Lebensweise der Roma-Gemeinschaft wird politisch unterstützt, denn nur ungebildete und sozial genötigte Menschen neigen leicht dazu, ihre Stimmen bei Wahlen zu verkaufen", analysiert Kanew am Vorabend der Kommunalwahlen im Herbst. In kleinen Ortschaften, wie Garmen, könne der Stimmenkauf den Wahlausgang entscheiden. (APA, 16.6.2015)