Bundeskanzler Werner Faymann reist zu Ministerpräsident Alexis Tsipras, mit einer Mischung aus Solidaritätsbekundung und sanfter Ermahnung: "Die ausschließlich aufs Sparen ausgerichtete Politik kann so nicht weitergeführt werden", sagte Faymann. "Die Griechen müssten schon auch Reformen einleiten."

Das klingt beim deutschen SPD-Kollegen schon etwas schärfer: Immer mehr Menschen fühlten sich "von der griechischen Regierung an der Nase herumgeführt", schrieb Sigmar Gabriel in einem Gastbeitrag. Wenn die Einigung nicht tatsächlich bald komme, drohe "bei vielen in Europa der Geduldsfaden zu reißen". Die "Spieltheoretiker" der griechischen Regierung seien "gerade dabei, die Zukunft ihres Landes zu verzocken. Und die von Europa gleich mit."

Mit dem letzten Satz hat Gabriel ein Thema angesprochen, das auch hiesigen linken Fans der Syriza-Regierung zu denken geben sollte. "Würden sich die Hardliner der Regierung in Griechenland durchsetzen, wäre das kein Sieg der Linken, sondern der rechtsextremen Nationalisten. Es wäre das Zeichen, dass man mit nationalen Interessen Europa erpressen kann. Geradezu ein Aufbruchssignal für die Rechtsradikalen wie Le Pen in Frankreich."

In der Tat. Syriza wollte immer ein Vorreiter für einen Systemwechsel im "kapitalistischen" Europa sein. Es könnte aber ein Systemwechsel ganz anderer Art werden. (Hans Rauscher, 15.6.2015)