Es muss ein ganz Großer sein, der da geht - wenn seinen Platz an der Fraktionsspitze nun gleich zwei ausfüllen müssen. Das mag man mit Blick auf die Nachfolgeregelung an der Fraktionsspitze der deutschen Linken denken. Denn Gregor Gysi wird durch Sahra Wagenknecht und durch Dietmar Bartsch ersetzt.

Natürlich wird Gysi, der zum politischen Inventar des wiedervereinigten Deutschland gehört, fehlen. Ein brillanter Redner ist er, ein - im guten Sinne - nerviger Oppositionsführer für die große Koalition auch oft.

Gysi sticht einfach heraus in diesem Oppositionszweierlei in Berlin. Die Grünen haben vor lauter Proporz zwei Parteichefs und zwei Fraktionsvorsitzende, die Linke braucht auch zwei Parteichefs. Gysi ist einfach Gysi.

Das ist für eine Oppositionspartei ein Plus und ein Minus zugleich. Denn jetzt, da er sich zurückzieht, wird noch sichtbarer, was Gysi all die Jahre zum Teil mühsam zusammengehalten hat: eine Bewegung, die tief gespalten ist.

Da sind die von Wagenknecht geführten Linken, die eher die Erstausgabe von Karl Marx' Kapital verkaufen würden, als je Regierungsverantwortung zu übernehmen. Auf der anderen Seite scharen sich die Reformer um Bartsch und wollen das Gegenteil. Wenn sie nun zusammenarbeiten, dann tun sie das nicht, weil sie voneinander überzeugt sind, sondern weil keiner dem anderen den Vortritt gönnt und es die Fraktion sonst zerreißen würde. (Birgit Baumann, 15.6.2015)