Wien/Straßburg – Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine Beschwerde gegen das Standesamtsverbot für die Verpartnerung Homosexueller aufgegriffen und ein Verfahren eingeleitet. In Österreich wurde der Verzicht auf das Verbot schon vor mehr als einem Jahr angekündigt, bisher aber nicht umgesetzt. Das Rechtskomitee Lambda (RKL) forderte die ÖVP auf, jetzt endlich die Diskriminierung zu beenden.

Österreich muss sich bis 23. September beim EGMR rechtfertigen, berichtete RKL-Präsident Helmut Graupner am Montag in einer Aussendung. Er freute sich schon darüber, dass das Verfahren überhaupt eingeleitet wurde, denn mehr als 99 Prozent aller Beschwerden würden diese Hürde nicht schaffen.

Beschwerde beim EGMR eingelegt haben RKL-Generalsekretär Walter Dietz und sein Partner und ein weiteres Paar aus der Steiermark. Beide sind beim Verfassungsgerichtshof gescheitert, wo sie die Absage einer Verpartnerung am Standesamt bekämpfen wollten. Der VfGH erachtete es als verfassungskonform – weil im Ermessensspielraum des Gesetzgebers –, dass Verpartnerungen in Österreich nur bei Bezirkshauptmannschaften oder Magistraten geschlossen werden können.

Steuergeldverschwendung

Dass dies so ist, liegt an der ÖVP. Sie hat bei Einführung der Eingetragenen Partnerschaft eine Zeremonie am Standesamt – wie für die Ehe – abgelehnt. Graupner sieht darin nicht nur eine Diskriminierung Homosexueller, sondern auch eine Steuergeldverschwendung. Die ÖVP solle jetzt "endlich die Zeichen der Zeit erkennen", meinte er.

ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin hat im März 2014 auch schon dafür plädiert, auf das Standesamtsverbot zu verzichten. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) konnte sich das ebenfalls "gut vorstellen" und lud Karmasin und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ebenfalls ÖVP) zu einem Runden Tisch mit Vertretern der Schwulen- und Lesben-Community ein. Dort zeichnete sich ein Einlenken der Volkspartei ab, die nötige Änderung des Personenstandsgesetzes wurde für das erste Quartal 2015 in Aussicht gestellt. Bisher liegt diese aber nicht vor, die Gespräche laufen noch. Das Innenministerium erklärte die Verzögerung vor Kurzem mit "umfassenden Prüfungen". (APA, 15.6.2015)