Wien - Mehr als 5300 Bürger haben sich schon per Petition gegen das anstehende Staatsschutzgesetz gestemmt, die der "Arbeitskreis Vorratsdaten" initiiert hat, der vor einem neuen "Spitzelwesen" warnt. Weil es im Zuge der Begutachtung zu dem neuen Regelwerk, mit dem Terroristen, Jihadisten, aber auch Spionen das Handwerk einfacher gelegt werden soll, von vielen Seiten Kritik gehagelt hat, ringen Rot und Schwarz derzeit um rechtskonforme Lösungen im Kampf gegen derartige Bedrohungen.

Rot-schwarze Verhandlungen

SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl, u. a. auf roter Seite mit der heiklen Materie befasst, will sich im STANDARD-Gepräch jedenfalls nicht darauf festlegen, dass der umstrittene Entwurf von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) noch vor der Sommerpause abgesegnet werden kann, denn: "Uns geht es um eine qualitativ hochstehende Regelung mit entsprechendem Rechtsschutz", versichert er, und: "Das Ganze wird so nicht kommen." Weil es auch um die Wahrung der Grundrechte gehe, könne das Gesetz genauso gut erst in "drei Monaten" beschlussreif sein. An welchen Passagen er sich stößt, will Pendl nicht verraten, um die Gespräche mit der ÖVP nicht zu belasten.

Auch Gegendemonstranten im Visier

Umso mehr ins Detail geht dafür der Grüne Peter Pilz, was mit dem Gesetz alles angerichtet werden könnte. "Wenn das so kommt, ist das Stasi ohne DDR", sagt er. Nach der Aufregung um den geplanten Einsatz von "V-Leuten" ohne richterliche Kontrolle stößt sich Pilz konkret daran, dass durch eine neu vorgesehene Analysedatenbank harmlose Staatsbürger ins Visier der Ermittler gelangen können - und dass die so gewonnenen Erkenntnisse auch noch an das Heeresabwehramt und ausländische Geheimdienste weitergereicht werden.

Unter Paragraf 6 subsumiert das Innenressort nämlich, was es unter "verfassungsgefährdendem Angriff" versteht: Dort finden sich u. a. Tatbestände wie "Störung einer Versammlung" oder die "Herabwürdigung staatlicher Symbole" - und damit könnten etwa die Daten von Gegendemonstranten des rechten und polizeilich geschützten WKR-Balls oder von Karikaturisten genauso eruiert und weiterverarbeitet werden wie von jenen Personen, mit denen diese Kontakt haben, warnt Pilz, und: Weil jeder Neueintrag die Löschungsfrist um fünf Jahre verlängert, könnten die Daten quasi unbefristet gespeichert werden.

Arbeitslose US-Spione

Damit nicht genug, soll laut Paragraf 11, Absatz 2 die Übermittlung der Informationen nicht nur an inländische Behörden gestattet sein, sondern auch an ausländische - und damit an CIA, NSA und BND, meint Pilz. "Mit einer derartigen Datenbank wären die US-Spione in Wien mit einem Schlag arbeitslos." Am Wochenende bekam die Theorie des Grünen, dass der BND mit der NSA auch Österreichs Leitungen angezapft hat, neue Nahrung: Via Kurier wurde publik, dass BND-Chef Gerhard Schindler im deutschen U-Ausschuss bereits das Abhören österreichischer Regierungsbehörden bestätigt haben soll. (Nina Weißensteiner, 14.6.2015)