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Australien steht wegen seiner harten Asylpolitik in der Kritik.

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Die australische Marine hat Ende Mai indonesischen Menschenschleppern je 5000 US-Dollar (rund 4400 Euro) gegeben, damit diese ein Flüchtlingsboot zurückbringen. Das haben Flüchtlinge gegenüber der indonesischen Polizei erklärt. Am Sonntag bestätigte das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) die Zeugenaussagen.

Die Asylsuchenden waren auf dem Weg von Indonesien nach Neuseeland, als sie von der australischen Marine abgefangen wurden. Australische Zollbeamte sollen fünf Menschenschleppern "Bündel mit druckfrischen Dollarnoten zugesteckt" haben, bevor diese das Boot wendeten und sich auf den Rückweg machten. Die Flüchtlinge erlitten später an einem Riff vor der indonesischen Insel Roti Schiffbruch und wurden von Fischern gerettet.

Am Wochenende forderte die indonesische Außenministerin Retno Marsudi vom australischen Botschafter in Jakarta eine rasche Klärung der Situation. Indonesien sei "sehr beunruhigt" über die Meldungen. Am Freitag hatten sowohl die australische Außenministerin Julie Bishop als auch Immigrationsminister Peter Dutton bestritten, das Australien Menschenschlepper bezahle. Später weigerte sich Premierminister Tony Abbott, eine solche Praxis kategorisch auszuschließen: "Die australische Regierung wird tun, was immer notwendig ist, um diesen bösen Handel zu stoppen."

"Inhumane" Lager

Seit ihrem Amtsantritt im September 2013 verfolgt die konservative Regierung Australiens eine Politik der Härte gegenüber Flüchtlingen. Trotz internationaler Kritik werden Asylsuchende nicht nur jahrelang in isolierte Lager gesteckt, die Experten regelmäßig als "inhuman" bezeichnen. Protesten Jakartas zum Trotz zwingt die australische Marine Boote auch regelmäßig zur Umkehr nach Indonesien. Seit 2013 schaffte es laut offiziellen Angaben nur noch ein Flüchtlingsschiff in australische Gewässer. Abbotts Behauptung, er habe "die Boote gestoppt", kann jedoch nicht unabhängig geprüft werden: Sämtliche Aktivitäten "auf dem Wasser" sind von Australien zur Geheimsache erklärt worden. So ist nicht bekannt, wie viele Schiffe trotz der Rückführungspolitik versuchen, die gefährliche Fahrt nach Süden zu unternehmen. Flüchtlingsorganisationen fürchten, einige der zurückgewiesenen Boote hätten die Rückkehr nicht geschafft und seien gesunken.

Laut Don Rothwell, Professor an der australischen Nationaluniversität, könnte sich die Regierung einer kriminellen Handlung schuldig gemacht haben. "Wer Menschenschleppern Geld gibt, um Menschen von einem Ort auf hoher See zu einem anderen zu bringen, begeht eindeutig Menschenschlepperei", so der Experte für Internationales Recht. Die Vertreter der Grünen Partei wollen am Montag bei der australischen Bundespolizei eine Untersuchung der Vorwürfe beantragen.

Wirtschaftssanktionen möglich

Beobachter meinten am Wochenende, die Situation habe die Beziehungen zwischen Indonesien und Australien dramatisch belastet. Ein Sprecher der indonesischen Regierung sagte in Jakarta, solche Zahlungen wären ein "neues Tief" im Verhalten Australiens. Sollten sich die Meldungen über die Bezahlung von Menschenschmugglern bewahrheiten, wollen Beobachter Wirtschaftssanktionen Indonesiens nicht ausschließen. Das Nachbarland ist eine wichtige Exportdestination für australische Produkte - von fossilen Rohstoffen bis zu Schlachtvieh. (Urs Wälterlin aus Canberra, 15.6.2015)