Am Sonntag erschien in der griechischen Zeitung Realnews ein Interview mit Werner Faymann.

Als außenpolitischer Feuerwehrmann hat sich Werner Faymann in sieben Kanzlerjahren nicht eben einen Namen gemacht. Jetzt aber kommt er ins Finale des griechischen Schuldendramas. Dienstagabend fliegt der Kanzler nach Athen, am Mittwoch trifft er Alexis Tsipras, den linken griechischen Premier, für den Faymann einige Sympathie hat. Ob der österreichische Kanzler irgendetwas im Streit zwischen Athen und den Gläubigern ausrichten kann, ist eine ganz andere Frage.

"Ein Austritt aus dem Euro wird unvorhersehbare Folgen haben", warnt Faymann in großen Lettern am Sonntag in einem Interview mit der griechischen Zeitung Realnews. Zum Klub der Grexit-Freunde zählt er jedenfalls nicht. Faymann habe Verständnis für die Position der Griechen, sagt ein hochrangiger Regierungsvertreter in Athen dem STANDARD.

Faymann will sich ein Bild von der sozialen Lage in Griechenland machen, heißt es. Am Mittwoch fliegt er schon wieder zurück nach Wien. Aber er ist der erste europäische Regierungschef, der seit dem Antritt der linksgerichteten Syriza vor bald fünf Monaten nach Athen kommt. Zuletzt war der spanische Premier Mariano Rajoy in der Villa Maximos in Athen, dem kleinen Amtssitz des griechischen Regierungschefs – vergangenen Jänner, als Wahlkampfunterstützung für den damaligen konservativen Premier Antonis Samaras. Geholfen hat es nicht.

Entscheidende Verhandlungstage

In Brüssel begann am Wochenende die vielleicht entscheidende Runde in den Finanzverhandlungen mit den Kreditgebern. Regierungschef Alexis Tsipras schickte seinen Staatsminister und Vertrauten Nikos Pappas, den Koordinator der Verhandlungen auf griechischer Seite Euklid Tsakalotos und Vizepremier Yiannis Dragasakis. Die drei sprachen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein aus Sicht Athens verbessertes Angebot an die Gläubiger durch, um einen Staatsbankrott und den Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone abzuwenden.

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung soll es einen Handel beinhalten: Kürzungen im Verteidigungsbudget statt neue Kürzungen bei den Pensionen, die auch die kleinen Bezieher treffen würden.

Ein absolutes No-go für Tispras und die linke Syriza, aber eine der Hauptforderungen des Internationalen Währungsfonds. Die Kompromissformel soll in Gesprächen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gefunden worden sein – kein Kreditverhandler, aber mittlerweile ein Vermittler bei den Gesprächen –, doch der IWF stellt sich quer.

Die Delegation des Washingtoner Währungsfonds reiste vergangenen Donnerstag ab, offensichtlich erbost über die Europäer. In einer Verlautbarung der griechischen Regierung vom Freitagabend gibt es dafür eine optimistische Lesart: Die technischen Gespräche über die Kreditfinanzierung seien abgeschlossen, nun gehe es um die politische Ebene. Und zu der gehöre der IWF nicht.

Sitzung am Donnerstag

Die Sitzung der Eurogruppe am Donnerstag dieser Woche gilt als neue Frist für eine Einigung. IWF-Chefin Christine Lagarde nimmt an der Sitzung der Eurofinanzminister teil. Auch Medien in Griechenland schreiben nun von einer Einführung von Kapitalkontrollen, die komme, sollte es bis dahin kein Abkommen mit Griechenland geben.

Strittig sind zum einen nach wie vor die Vorgaben für das laufende Jahr: Budgetüberschuss, Mehrwertsteuersätze, Pensionskürzungen. Zum anderen geht es um die Finanzhilfen an Griechenland über das Jahr 2015 hinaus. Über die Bedingungen für die letzte Kreditrate von 7,2 Milliarden Euro aus dem 2012 abgeschlossenen Hilfsprogramm verhandelt Athen schon seit dem Sommer 2014. Die Summe würde mittlerweile nur zu kaum mehr als zur Zahlung der nächsten Tilgungsraten und Zinsen reichen. (Markus Bernath aus Athen, 14.6.2015)