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Ein Markt in Donetsk brennt nach einem Bombardement.

Foto: APA/EPA/Ermochenko

Straßburg – Angesichts des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine hat die Regierung in Kiew die Europäische Menschenrechtskonvention in den betroffenen Regionen teilweise ausgesetzt. Eine entsprechende Benachrichtigung traf am Mittwoch beim Europarat in Straßburg ein. Ende Mai hatte das ukrainische Parlament den Schritt per Abstimmung ermöglicht.

Grundrechte

Demnach garantiert die Regierung in den Regionen Donezk und Luhansk, wo sich die Rebellen Kämpfe mit Regierungstruppen liefern, mehrere Grundrechte nicht mehr. Dazu gehören das Recht auf Freiheit und Sicherheit, auf ein faires Gerichtsverfahren und auf Schutz des Familienlebens.

"Bewaffnete Aggression"

Kiew begründet die Aussetzung mit einer "bewaffneten Aggression" Russlands gegen die Ukraine. Sie werde sowohl von regulären russischen Soldaten als auch von "illegalen bewaffneten Gruppen" angeführt, die von "Russland kontrolliert und finanziert" würden, heißt es in der Mitteilung der ukrainischen Regierung an den Europarat. Befristet ist die sogenannte Sistierung bis "zum vollständigen Ende der bewaffneten Aggression durch die Russische Föderation", wie es in dem Papier an den Europarat heißt.

Serhij Sajez, Jurist beim Kiewer Helsinki-Büro für Menschenrechte, hatte den Schritt schon seit langem erwartet. "Er hilft der Regierung, rechtlich Verantwortung für Verstöße gegen die Menschenrechte zu übernehmen. Das heißt aber nicht, dass sie in Hinkunft auf die Menschenrechte keine Rücksicht mehr nehmen muss", sagt er dem STANDARD. "Kiew hätte das schon zu Beginn des Konflikts machen sollen."

EGMR will trotzdem Beschwerden nachgehen

Dessen Generalsekretär Thorbjörn Jagland betonte, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte werde dennoch weiter alle Beschwerden gegen die Ukraine prüfen. Dabei werde er in jedem Fall untersuchen, ob die Aussetzung bestimmter Garantien gerechtfertigt sei.

Eine Aussetzung der Menschenrechtskonvention ist vorgesehen, wenn die Sicherheit eines Landes etwa durch einen Krieg oder andere Notsituationen gefährdet ist. Der betroffene Staat muss diese Maßnahme begründen und auch angeben, welche Paragrafen des Abkommens und welche Gebiete davon betroffen sind. Nach jüngsten Angaben der ukrainischen Regierung kämpfen derzeit mehr als 40.000 Rebellen gegen Regierungstruppen. Kiew zufolge beteiligen sich auch rund 9.500 russische Soldaten an den Kämpfen. (red, APA, 10.6.2015)