Die Stille in den letzten Tagen war ungewöhnlich, aus der ÖVP kam kein Sterbenswörtchen mehr, die SPÖ-Kader waren irritiert und ahnten, dass da hinter den Kulissen etwas läuft.
Während vorn auf der politischen Bühne diverse Spekulationen über eine mögliche schwarz-blaue oder zuletzt sogar rot-blaue steirische Koalition die Runden machten, schmiedeten Landeshauptmann Franz Voves und ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer hinter dem Vorhang an einer Fortsetzung ihrer "Reformpartnerschaft". Eine Geheimaktion, in die nicht einmal die engste Umgebung eingeweiht war. Und so traten Franz Voves und Hermann Schützenhöfer am Mittwoch um zwölf Uhr Mittag vor ihre Parteivorstände und präsentierten zur Überraschung aller ihre Pläne eines Landeshauptmannwechsels von Rot zu Schwarz.
Die Drohungen aus der ÖVP, notfalls auch mit der FPÖ zu koalieren, was die SPÖ auf die Oppositionsbank gebracht hätte, hatte Wirkung gezeigt: Voves "opfert" - als Stimmenstärkster - den Landeshauptmannsessel und überlässt Schützenhöfer das Amt des Ersten im Land. Das war der Preis für eine neuerliche rot-schwarze Koalition.
In der ÖVP bleibt mit den Landesräten Christopher Drexler und Hans Seitinger dasselbe Team im Amt, die SPÖ hat weitgehend ausgetauscht. Gehen musste auch der 63 Jahre alte Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser, seine Agenden übernimmt die bisherige Landtagspräsidentin Ursula Lackner. Hier rückt Finanzlandesrätin Betina Vollath nach. Die Finanzen übernimmt der designierte Nachfolger von Voves, Landesrat Michael Schickhofer, der auch Schützenhöfers Vize wird. Der bisherige EU-Abgeordnete Jörg Leichtfried wird Landesrat für Verkehr und Umwelt.
"Ich bin jetzt ganz oben"
Schützenhöfer selbst, der sich nach einer sehr emotionalen Verabschiedung von Voves rasch wieder gefangen hatte, sagte in der anschließenden Pressekonferenz, dass nun eine gute Grundlage gelegt sei, um mit der SPÖ weiterzuarbeiten. Warum er mit der SPÖ neuerlich einen Pakt geschlossen habe? "Es war demokratiepolitisch auch anders möglich, aber nicht ratsam, eine Mehrheitspartei von der Regierung auszuschließen." Bereits in einer Woche wird die neue Regierung im Landtag gewählt. "Jetzt bin ich ganz oben", freute sich Schützenhöfer. Dass SPÖ und ÖVP jetzt doch überraschend rasch wieder zueinandergefunden haben, wenn auch mit einer großen Morgengabe an die ÖVP, hat einen Namen: FPÖ.
Dem Vernehmen nach stand die steirische ÖVP, Hermann Schützenhöfer und Landesrat Christopher Drexler, schwer unter Druck der Bundespartei. Hier soll eine kleine steirische Gruppe um Parlamentsklubchef Reinhold Lopatka - hinter dem Rücken seiner Landsleute - eine schwarz-blaue Koalition ausgehandelt haben. Was zur Folge gehabt hätte, dass diese Koalition ohne Schützenhöfer und Drexler installiert worden wäre, Schützenhöfer hätte dann keinen Einfluss mehr gehabt, Drexler als seinen Nachfolger zu installieren.
Voves sah sich offensichtlich, nachdem er von Schützenhöfer informiert worden war, gezwungen, rasch zu handeln. Er rief einen Parteivorstand ein, um vordergründig auch über eine "FPÖ-Option" zu beraten, nachdem auch in seiner Partei Stimmen laut geworden waren, die Verhandlungen mit der FPÖ forderten. Voves hatte aber bereits den frischen Pakt mit Schützenhöfer in der Tasche, mit der bösen Überraschung, dass nun Schützenhöfer, der gegen Voves bei den Landtagswahlen knapp verloren hatte, für fünf Jahre Landeshauptmann der Steiermark wird. Und damit das zehnjährige rote Intermezzo beendet wurde.
Drohender Machtverlust
Die Vorstandsmitglieder, die großteils keine Ahnung hatten, schluckten schwer. Die Alternative wäre gewesen, führte Voves vor Augen, dass die SPÖ aus der Regierung fliege und in die Opposition müsse. Mit allen Folgen eines kompletten Machtverlustes. Der Vorstand stimmte schließlich dem Pakt mit der ÖVP zu. Verteidigungsminister Gerald Klug stimmte dagegen.
Tatsache ist aber, dass Schützenhöfer und auch Drexler nie wirkliche Freunde eines blauen Abenteuers gewesen sind. Immerhin stand das seit Jahrzehnten gewachsene politische System der Steiermark auf dem Spiel, und das wollte letztlich auch Schützenhöfer nicht in den Grundfesten zerstören.
Gar nicht erfreut über die Entwicklungen in der Steiermark zeigte sich Bundes-SPÖ-Chef Werner Faymann: "Einen Landeshauptmann zu verlieren ist immer schlecht, gewinnen ist immer gut. Klar freue ich mich nicht darüber, aber ich stehe hinter den Entscheidungen, die eine Landesorganisation trifft. Dass es nicht gelungen ist, die ÖVP davon zu überzeugen, dass der Erste den Landeshauptmann zu stellen hat, ist bedauerlich." Die Reaktionen in der Steiermark waren entsprechend heftig. "Wir sind erleichtert, dass die FPÖ mit ihrer rechten Hetze nicht in der Regierung ist. Aber dass sich die ÖVP mit der blauen Pistole in der Hand auf den Landeshauptmannsessel hievt, ist keine gute Basis", sagte der Grünen-Landessprecher Lambert Schönleitner. Die SPÖ habe sich "ganz offensichtlich unter dem Tisch durchziehen lassen". Grantig reagierte die FPÖ. Es sei ein "Verrat am Wähler", empörte sich FPÖ-Spitzenkandidat Mario Kunasek. (Walter Müller, 10.6.2015)