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Noch sitzt Paul Achleitner bei der Deutschen Bank fest im Sattel.

Foto: Reuters/Siu

Auf der Rangliste der einflussreichsten Österreicher steht er ziemlich unangefochten an der Spitze: Der Oberösterreicher Paul Achleitner ist seit 2012 Aufsichtsratspräsident der Deutschen Bank, des größten Finanzinstituts in Europas größter Volkswirtschaft und des einzigen, das mit den riesigen US-Investmentbanken mithalten will.

Der frühere Finanzvorstand der Allianz zieht dort selbstbewusst die Fäden – so etwa am Sonntag, als er überraschend schnell die Ablöse des Führungsduos Anshu Jain und Jürgen Fitschen durchzog und seinen englischen Vertrauten John Cryan als neuen Vorstandschef installierte.

Macht und Schwäche

Das war eine eindrucksvolle Machtdemonstration – aber auch ein Zeichen der Schwäche. Denn auch für die Jain-Fitschen-Lösung aus dem Jahr 2012 war Achleitner verantwortlich, und diese ist spektakulär schiefgegangen.

Wenn es Cryan jetzt nicht rasch gelingt, die schlingernde Bank wieder in ruhiges Fahrwasser zu führen, die vielen Rechtskonflikte mit den Aufsichtsbehörden in den USA und Europa beizulegen und Gewinne und Aktienkurs zu steigern, dann werden auch Achleitners Tage im Aufsichtsgremium gezählt sein. Cryan ist seine zweite Chance, und wahrscheinlich seine letzte.

Geschäftsmodell als Problem

Ob die Krise der Deutschen Bank gelöst werden kann, hängt nicht nur vom neuen Vorstandschef ab. Es geht auch um das von Achleitner forcierte Geschäftsmodell, das Cryan fortsetzen soll: Eine klassische europäische Universalbank, einst auch das industrielle Flaggschiff ihres Landes, soll sich in eine Investmentbank im amerikanischen Stil verwandeln.

Dafür sollen das Einlagengeschäft und das gewöhnliche Kreditgeschäft reduziert werden, die unpassende Postbank-Tochter verkauft und die riskanteren, aber profitableren Bereiche wie Eigenhandel, Emissionen und M&A ausgebaut werden.

Kulturelle Hindernisse

Bisher hat das nicht funktioniert, und das mag auch kulturelle und politische Gründe haben. Die Deutsche Bank ist nicht Goldman Sachs, und Frankfurt ist nicht New York oder London. Die deutsche Politik steht der Strategie skeptisch gegenüber, ebenso wie die europäischen Aufsichtsbehörden.

Achleitner war selbst nie ein klassischer Banker. Seine berufliche Laufbahn führte ihn von einer US-Unternehmensberatung zu Goldman Sachs und schließlich zum Versicherungs- und Finanzkonzern Allianz.

Zornige Aktionäre

Er versucht die Deutsche Bank nach seinem eigenen professionellen Weltbild umzuformen – bisher mit mäßigem Erfolg. Wenn sich dieser nicht bald einstellt, wird wohl der Steuermann von Bord gehen müssen. Und angesichts der zornigen Aktionäre könnte das schneller geschehen als gedacht. (Eric Frey, 11.6.2015)