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Sexualpädagogik soll keine Ideologien transportieren, sondern muss sich neben einer offenen Wertediskussion an Fakten und wissenschaftlichen Grundlagen orientieren.

Foto: REUTERS/Issei Kato

Das Thema Sexualaufklärung hat mich in den vergangenen 20 Jahren auf mehreren Ebenen begleitet. Zum einen als Mutter einer mittlerweile erwachsenen Tochter, zum anderen als Psychologin, die mit Freude und Engagement zahlreiche Projekte zum Thema Verhütung und Aufklärung in Salzburg initiiert hat.

Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr genau, wann sich mein Kind für Sexualität zu interessieren begann. Wahrscheinlich gab es auch kein bestimmtes Alter, sondern ihre sexuelle Entwicklung war ein sich differenzierender Prozess der Neugierde und Lust auf den eigenen Körper bis hin zum Entdecken "des anderen" mit erotischem Begehren.

Reden über Liebe und Sex

Meine Tochter habe ich wenig vorsätzlich beziehungsweise isoliert vom alltäglichen Lebenszusammenhang "aufgeklärt" – dadurch ist es uns erspart geblieben, peinliche aufgesetzte Aufklärungsgespräche über Liebe und Sex zu führen.

Fragen habe ich immer offen und altersgemäß beantwortet. Daraus ergaben sich die spannendsten Gespräche. Als meine Tochter in den Kindergarten ging, bekam unsere Hündin Nachwuchs. Unmittelbar nach der Geburt des ersten Welpen fragte meine Tochter damals spontan: "Mami, wer hat die Hundebabys in den Bauch hineingestopft?" Ich war verblüfft von ihrer kindlichen Logik, und die ausführliche Antwort war das erste Gespräch über den Akt der Zeugung.

Aufgeklärte Lesetipps

Unsere liebsten Bücher zu diesem Thema waren "Mein erstes Aufklärungsbuch", "Mein Körper gehört mir" und "Ganz schön aufgeklärt". Später, da hatte sie ihre Pubertät bereits hinter sich, kam "Make Love" von Ann-Marlene Henning dazu. Ein Buch, das ich allen Mädchen und Burschen wärmstens empfehlen kann.

Über Beziehungen, unterschiedliche Sexualitäten, die Wirksamkeit von Verhütungsmitteln und über die Möglichkeit, eine ungewollte Schwangerschaft abzubrechen, haben wir immer wieder gesprochen, wenn es einen Anlass gab. Den gab es bei uns häufig – irgendjemand aus dem Kreis der Freundinnen war immer gerade mal frisch verliebt oder in Trennung, auf der Suche nach einer passenden Verhütung oder in Sorge, weil die Regelblutung ausgeblieben war.

Mythen aufklären

Nicht aufgefallen ist mir, dass die Schule in irgendeiner Form nachhaltiges und hilfreiches Wissen für diesen Lebensbereich hinterlassen hätte. Im Gegenteil. Oftmals musste ich zu Hause diverse im Unterricht vermittelte Mythen korrigieren, die dann erneut Diskussionen in Gang brachten.

Reform der Sexualpädagogik war überfällig

Eine Reform der Sexualpädagogik in Österreich ist tatsächlich längst überfällig. Beispielgebend sollte die WHO-Richtlinie zur Sexualaufklärung sein. Im aktuellen Entwurf ist einiges davon eingearbeitet. Zusätzlich sollten auch die Bedürfnisse der Mädchen und Burschen erhoben werden. Sexualpädagogik darf kein Fach sein, das Ideologien transportiert, sondern muss sich neben einer offenen Wertediskussion an Fakten und wissenschaftlichen Grundlagen orientieren, die einer guten Basisqualifikation seitens der Lehrerinnen und Lehrer bedürfen. Eines ist klar: Es braucht eine moderne "sexuelle Bildung" an allen österreichischen Schulen. (Petra Schweiger, 15.6.2015)