Merkel, Hollande und Tsipras sprachen wieder einmal miteinander.

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Athen/Brüssel – Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande haben ihr Krisengespräch mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras am Mittwochabend nach zwei Stunden beendet. Der "Meinungsaustausch" über den Stand der Verhandlungen sei "in konstruktiver Atmosphäre" geführt worden, erklärte die deutsche Regierung in der Nacht auf Donnerstag am Rande des EU-Lateinamerika-Gipfels. "Es besteht Einigkeit, dass die Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Institutionen mit hoher Intensität fortgesetzt werden sollen."

Pleite droht

Ende Juni droht Griechenland die Staatspleite, wenn bis dahin keine Übereinkunft über die Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erzielt wird. Die Geldgeber verlangen von Griechenland im Gegenzug ein verbindliches Reformprogramm.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker traf am Mittwoch in Brüssel erneut mit Tsipras zusammen. Dabei habe es sich um eine Art "Versöhnungstreffen" gehandelt, nachdem die beiden in den letzten Tagen heftig aneinandergeraten waren, berichteten Diplomaten. Möglicherweise sei Athen nun bereit zu akzeptieren, dass der Primärüberschuss im Haushalt (ohne Zins- und Tilgungszahlungen) doch mindestens ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen soll, wie von den Geldgebern gefordert.

Merkel: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg"

Merkel machte noch einmal klar: "Wir wollen Griechenland im Euroraum halten." Sie gehe mit der Einstellung an die Dinge heran: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", sagte die Kanzlerin zum Auftakt des Lateinamerika-Gipfels. "Aber die Arbeit muss mit den drei Institutionen stattfinden, und jeder Tag zählt."

Zuvor hatte es lauten Streit zwischen der EU und Athen gegeben. Während in der griechischen Hauptstadt verlautete, Brüssel habe bisher nicht auf die am Vortag eingereichten Reformvorschläge reagiert, teilte die EU-Kommission am Mittwochmittag mit, die griechische Regierung sei schon am Dienstag über die Einwände informiert worden.

"Unzureichende" Reformvorschläge

Griechenland hatte eine Liste mit Reformvorschlägen eingereicht, die von den Geldgebern als unzureichend bezeichnet wurde. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici habe Regierungsverantwortliche bereits am Dienstag darüber informiert, sagte Kommissionssprecher Margaritis Schinas am Mittwoch. Die Vorschläge seien nicht auf der Höhe eines Gespräches, das Juncker vor einer Woche mit Tsipras geführt hatte. Hauptstreitpunkte sind Pensionskürzungen sowie die Budgetziele für die griechische Regierung.

Moscovici rief Griechenland zu größeren Reformanstrengungen auf: "Ich mag die griechische Tragödie, aber jetzt müssen wir uns auf das Happy End zu bewegen", sagte er am Donnerstag im RTL-Radio. Es gebe immer noch Differenzen, vor allem in der Frage des Primärüberschusses im Budget. "Wir sind nahe der Landebahn", sagte Moscovici. "Wir können und müssen erfolgreich sein."

Kurz vor dem Mini-Krisengipfel in Brüssel besorgte sich Athen kurzfristig frisches Geld auf dem Kapitalmarkt. Wie die Schuldenagentur PDMA am Mittwoch mitteilte, konnten 2,925 Milliarden Euro für 13 beziehungsweise 26 Wochen in Form kurzlaufender Staatspapiere aufgenommen werden. Griechenland hat sich das Geld geliehen, weil es am 12. Juni 3,6 Milliarden Euro Schulden refinanzieren muss.

Herabstufung durch S&P

Die US-Ratingagentur Standard & Poor's hat unterdessen Griechenland weiter herabgestuft. Die Bewertung für die langfristigen Verbindlichkeiten sei von CCC+ auf CCC gesenkt worden, teilte S&P am Mittwoch mit. Der Ausblick sei negativ.

Die Entscheidung reflektiere das Risiko, dass die griechische Regierung ohne eine Einigung mit ihren Gläubigern zahlungsunfähig werden und den Schuldendienst zugunsten von anderen Ausgaben vernachlässigen könnte, begründete S&P. (APA, 11.6.2015)