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Dragovic: "Ich sage, ich spiele dort, wo mich der Teamchef aufstellt. Es ist kein Geheimnis, dass ich das Mittelfeld mag."

Foto: APA/Jäger

Wien – Natürlich hat ein 24-Jähriger nur bedingt nostalgische Gefühle. Aleksandar Dragovic bricht auch nicht in Tränen aus, aber die Rückkehr in die Generali Arena "weckt schöne Erinnerungen". Das Nationalteam bereitet sich im Austria-Stadion auf die EM-Quali am Sonntag in Moskau gegen Russland vor. Dragovic kennt hier jede Ecke, jedes Türl, jede Kachel, jeden Spind. Mit 42 werde er an den Verteilerkreis zurückkommen. Der Fußball sei ein Kreis, das Ende der Anfang. Wobei die 42 "ein Scherz sind. Es kann auch mit 36 sein. Ich will noch einmal Derbys gegen Rapid gewinnen."

Dragovic ist erst am Montag eingetroffen, er hatte noch mit Dynamo Kiew den ukrainischen Cup zu gewinnen. Die Meisterschaft wurde ohne Niederlage geholt, auf nationaler Ebene kein Match zu verlieren, ist etwas Bemerkenswertes. "Natürlich kann die ukrainische Liga nicht mit der englischen, deutschen oder italienischen verglichen werden. Aber es gibt auch andere gute Mannschaften wie Dnipro oder Schachtar."

Dragovic ist mittlerweile einer der begehrtesten Innenverteidiger überhaupt. Zuletzt wurde über einen Wechsel zum FC Barcelona spekuliert. Was ihn stolz macht und belustigt. "Ich habe kein blaurot-gestreiftes Leiberl an, es ist das rote vom Nationalteam." Vertraglich ist er bis 2018 an Kiew gebunden, es soll keine Ausstiegsklausel geben. "Aber im Fußball wird über alles verhandelt." Es sei sinnlos, Gedanken an einen Wechsel irgendwohin zu verschwenden. "Ich fühle mich wohl in Kiew, habe keinen Druck, spiele fix in der Gruppenphase der Champions League." Nach dem Länderspiel wird er mit seinem Berater Thomas Kroth die Angebote sondieren. "Aber jetzt konzentriere ich mich zu 100 Prozent auf Moskau. Ich bin fit, überhaupt nicht müde. Müdigkeit ist reine Kopfsache, hat nichts mit den Beinen zu tun."

Dragovic bildet im ÖFB-Team mit Martin Hinteregger ein auffälliges, weil kongeniales Innenverteidigerduo. Aufgrund des Ausfalls von David Alaba wäre er eine Option fürs Mittelfeld, Julian Baumgartlinger ist gesetzt. Die Entscheidung trifft selbstverständlich Marcel Koller. "Ich sage, ich spiele dort, wo mich der Teamchef aufstellt. Es ist kein Geheimnis, dass ich das Mittelfeld mag. Anderseits bin ich seit meinem 17. Lebensjahr Innenverteidiger."

Dragovic sagt, er sei gereift, ruhiger, souveräner geworden. 2011 hat er die Austria verlassen, um mit dem FC Basel dreimal Schweizer Meister zu werden. Unter Trainer Thorsten Fink, der sich ab sofort um die Austria kümmert. "Ein hervorragender Mann, ich kann nur gratulieren." 2013 wurde er um neun Millionen Euro an Kiew verkauft. "Das erste Jahr war nur schrecklich – der fürchterliche Krieg. Und schlecht waren wir auch. Trainer Oleg Blochin war eher von der alten Schule." Mit Nachfolger Sergei Rebrow sei die Arbeit dagegen "ein Vergnügen".

Viele Pokale

Dragovic hat ein Prinzip. "Ich möchte bei Vereinen tätig sein, die um Titel spielen. Der Abstiegskampf interessiert mich nicht. Mit Ried werde ich keine Meisterschaft gewinnen." Anders ausgedrückt: "Mein Rucksack soll einmal voll mit Pokalen gefüllt sein." Für eine erfolgreiche EM-Quali gibt es zwar keine Häferln, Dragovic will trotzdem und unbedingt nach Frankreich. "Wir sind auf einem guten Weg. Russland ist sehr stark. Wir müssen hinten kompakt stehen, werden nicht Hurra-Fußball betreiben. Es ist aber nicht der Sinn des Spiels, auf ein Remis aus zu sein. Da brauchen wir gar nicht hinfliegen."

Dragovic bestreitet am Sonntag sein 38. Ländermatch. "Das macht mich stolz." Der Fußball, sagt der Wiener, sei schnelllebig. In der Generali Arena fühlt er sich pudelwohl. Als wäre die Zeit stehen geblieben. Wobei er die Grashalme nicht mehr kennt, es sind mittlerweile andere. "Mit 42 bin ich wieder da. Oder früher. Bis dahin passiert noch einiges." (Christian Hackl, 9.6.2015)