Der Überdruss an der ewigen rot-schwarzen Koalition ist mit Händen zu greifen. Ein gemeinsamer Aktionsplan gegen die strukturelle Wirtschaftskrise in Österreich wäre die einzige verbliebene Rechtfertigung für einen Fortbestand dieser Koalition.

Ein zweites Großproblem ist die Zuwanderung, die offenbar nicht oder nicht richtig gemanagt wurde und heftige Ängste und Ressentiments in weiten Bevölkerungskreisen auslöst.

Indem sie hier versagt, verspielt die SPÖ-ÖVP-Regierung ihre Daseinsberechtigung. Außerdem können die Partner sich auch psychologisch kaum mehr ertragen. In beiden Parteien gibt es immer stärker werdende Kräfte, die aus Angst vor der immer stärker werdenden FPÖ mit dem Gedanken spielen bzw. den auch auf Länderebene umsetzen wollen, diese rechtspopulistische Partei "einzubinden", zu "kooptieren" und sie dadurch zu "zähmen".

Das kann nur schiefgehen, wie die Vergangenheit ausreichend bewiesen hat. Aber sie probieren es immer wieder, dem hundert Jahre alten Wort von Karl Kraus folgend, wonach der "hiesige Menschenschlag" geschaffen sei, "durch Schaden dumm" zu werden.

Aber gibt es Alternativen zu einer schwarz-blauen oder rot-blauen Koalition im Bund? Wie kann man sich den Jammer einer Regierungsbeteiligung der FPÖ ersparen?

Vorausgeschickt sei, dass man ohne Wahlen nichts machen soll oder kann. Vermutlich wird die SPÖ-ÖVP-Koalition ohnehin nicht bis 2018 halten. Vor allem die ÖVP scheint eine Chance zu wittern. Denkbar wäre bei einem entsprechenden Wahlausgang auch eine Koalition mit einem ÖVP-Kanzler und der SPÖ als Nummer zwei - so wie derzeit in Deutschland und in den Nachkriegsjahren 1945-1966.

Ob das realistisch ist, bleibe dahingestellt. Dann gibt es noch zwei Varianten, die ohne die FPÖ auskommen: eine Dreierkoalition aus Rot-Schwarz-Grün; oder die Kombination einer der jetzigen Regierungsparteien mit zwei anderen Oppositionsparteien: Rot-Grün-Neos oder Schwarz-Grün-Neos.

Sowohl die Grünen als auch die Neos wären dazu bereit. Die Wiener Führung der Grünen will sicher eher mit der SPÖ koalieren, aber in den westlichen Bundesländern können die dortigen Grünen gut mit der ÖVP. Die Neos würden lieber mit den Schwarzen etwas machen, wären aber auch zu einer SP-geführten Dreierkoalition bereit.

Das Problem dabei ist, dass sich das nach dem jetzigen Mandatsstand nicht ausgeht. Und bei künftigen Wahlen schon gar nicht, wenn die FPÖ weiter so zulegt. Dennoch sollten Grüne und Neos schon jetzt Voraussetzungen für eine solche Möglichkeit schaffen: gegenseitiges Vertrauen aufbauen, sich selbst professionalisieren. Die Grünen sind aus teils linken, teils bürgerlichen Unzufriedenen entstanden, die Neos hauptsächlich aus bürgerlichen. Beide sind Hoffnungsträger für jene Schicht, der die Erstarrung der "Altparteien" mächtig auf die Nerven geht, die aber das demokratiepolitische und rein handwerkliche Risiko einer FPÖ an der Macht nicht eingehen wollen.

Ein Machtwechsel in Österreich ist fällig, aber der Preis dafür sollte eher nicht eine Regierungsbeteiligung der FPÖ sein (müssen). (Hans Rauscher, 9.6.2015)