Fast könnte man von einem Dornröschenschlaf sprechen, in dem der Teppich über lange Zeit dahindöste. Freilich begegnete man ihm immer noch in Form von Spannteppichen, Läufern, Kuhfellen, kleinen Festnetztelefonunterlagen oder klassischen Persern, aber auf die Wertschätzung dieses traditionsreichen Einrichtungsobjekts rieselte vor allem vonseiten jüngerer Generationen eine ganze Weile der Staub. In erster Linie waren es neue Materialien, Designer, die auf Konventionen pfiffen und neue Fertigungstechniken, die dem Teppich seit Ende der 1990er-Jahre ein langsames Comeback ermöglichten, das an Tempo stetig zulegte.

Eine der Ersten, die am Teppich-Weckruf bis heute mitwirken, heißt Paola Lenti. Sie ignorierte gültiges Regelwerk und mixte Materialien wie Wolle mit Polyamid. Ferner schuf sie ungewöhnliche, zum Teil sehr verspielte Strukturen, die nicht selten in der Natur ihr Vorbild suchten und fanden.

Im Reigen der vielen Teppicherneuerer nicht fehlen darf das dänische Unternehmen Kvadrat, eine Firma, die mit ihren Stoffen weltweit für Aufsehen in der Interior-Szene sorgt. Die holländische Designerin Hella Jongerius zum Beispiel entwarf für die Traditionsmarke einen Teppich aus handgewebter, neuseeländischer Wolle, der ursprünglich als Decke konzipiert war.

Flexible Formate

In aller Design-Munde ist im heurigen Jahr das Teppichsystem "Elements", das der deutsche Topdesigner für den Konzern Vorwerk ersann. Dabei handelt es sich um ein System aus sechs Grundformen, die individuell miteinander kombiniert und aneinandergereiht werden. Verbunden werden die einzelnen Teppichelemente durch schmale Streifen in abgestimmten und sehr intensiven Wollfilzfarben. Mit seinen variablen Längenmaßen eignet sich dieses Teppichsystem besonders zur Akzentuierung von Flächen und Räumlichkeiten.

In diesem Jahr auf den Teppich gekommen ist auch das heimische Duo "mischer'traxler", ein international durchgestartetes Team, das sich vor allem im Bereich des experimentellen Designs einen Namen machte. Ihr brandneuer Teppich "Day-by-Day", den sie für Nodus entwickelten, ist ein in Nepal handgeknüpfter Teppich, der die Arbeitszeit visualisieren soll, die zwei Teppichknüpfer für einen Teppich benötigen. Der Wollteppich verfügt über ein verschiedenfarbiges Muster, das einer Zellstruktur gleicht. Die Knüpfer verwenden jeden Tag zwei andere Farben, um das Muster bzw. den Teppich zu "befüllen", und machen so die Tage sichtbar, die während der Arbeit an den Unikaten vergingen. Auf einem Lederetikett steht der Name des Knüpfers sowie das Datum des ersten und letzten Tages, an dem an dem Teppich gearbeitet wurde. So spart man sich das Zählen der einzelnen Zellen. (Michael Hausenblas, RONDO, 12.6.2015)