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Claudia Rapp, Byzantinistin und Wittgenstein-Preisträgerin.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Es gibt sie doch noch, die Wissenschafter, die Österreich als "Schlaraffenland" bezeichnen. Claudia Rapp ist eine von ihnen - und sie hat auch allen Grund dazu. Die 1961 in Gießen geborene Byzantinistin hat soeben den Wittgenstein-Preis 2015 gewonnen. Aber auch ohne die mit 1,5 Millionen Euro höchstdotierte Auszeichnung für Wissenschafter, die in der Alpenrepublik arbeiten, könnte sie nicht klagen.

Der Grund ist in der österreichischen Wissenschaftsszene kaum bekannt: Die Byzantinistik hat hierzulande eine lange Tradition. Sie reicht bis in die Habsburgermonarchie zurück, wo man sich bereits um die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Geschichte bemühte, weil es sich dabei um die Geschichte der damals unmittelbaren Nachbarn handelte.

Byzanz wird seit jeher mit der Geschichte der Stadt Konstantinopel in Verbindung gebracht. Sie wurde von Konstantin dem Großen im Jahre 330 eingeweiht und fiel 1453 in die Hände der Osmanen. Aus diesen mehr als tausend Jahren liegt eine reichhaltige Sammlung von Handschriften in der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) vor.

Mit dem nun zuerkannten Preisgeld will sich die Wissenschafterin, die seit 2011 Professorin an der Universität Wien ist, in das Thema "Mobilität, Mikrostrukturen und persönliche Handlungsspielräume" vertiefen. Dabei geht es ihr um Mobilität in verschiedenster Hinsicht. Welche Auswirkungen hatten Kulturkontakte und Kulturaustausch auf die Gesellschaft, wie fand der Austausch mit dem europäischen Mittelalter und mit Asien unter Einbeziehung des Nahen Ostens statt?

Byzantinistik ist aber nicht nur Geschichtsforschung, wie Rapp betont, die vor ihrer Berufung nach Wien 17 Jahre an der University of California tätig war. Die Spaltung des Römischen Reiches in einen weströmischen und einen oströmischen, den byzantinischen Teil, die Trennung zwischen Katholizismus und orthodoxem Christentum habe Auswirkungen bis in die jüngste Geschichte.

Rapp nennt hier den Krieg im ehemaligen Jugoslawien zwischen Serbien und Kroatien und den aktuellen Ukraine-Konflikt. Was wieder einmal zeigen dürfte, wie wichtig ein tiefes Verständnis der Geschichte für das Begreifen der Gegenwart ist. Für Rapp, die gerne singt und in Museen geht, ist der Wittgenstein-Preis ein deutliches Ja zu dieser Forschung und zur erkenntnisgetriebenen Grundlagenforschung insgesamt. (Peter Illetschko, 8.6.2015)