Wien – Die Verantwortung für die Zentralmatura soll laut Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ab 2017 vom Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) in ihr Ressort wandern. Darüber und über andere am Montag in Wien präsentierte Empfehlungen der Lenkungsgruppe zur Bifie-Reform gelte es nun mit der ÖVP zu verhandeln. 2016 soll die Zentralmatura wie bisher noch vom Bifie abgewickelt werden.

Angesichts der heuer "trotz aller Unkenrufe" reibungslosen Durchführung der Zentralmatura sei es zwar nicht sinnvoll, eine "Notbremsung" durchzuführen. Trotzdem soll für die Organisation und Durchführung der Zentralmatura statt des Bifie eine eigene Abteilung im Bildungsministerium zuständig sein, erklärte Heinisch-Hosek bei einer Pressekonferenz in Wien. Das dürfte gleichbedeutend mit dem Aus für den mit den Zentralmatura-Agenden betrauten Instituts-Standort in Wien in dieser Form sein.

Aus für Doppelspitze

Auch dem Vorschlag der aus Bildungsforschern und Ministeriums-Vertretern bestehenden Expertengruppe, dass das Bifie künftig nur noch von einer Person geleitet werden soll sowie dem "sichtbaren Ausbau der bestehenden Beteiligung der LehrerInnenschaft" bei der Entwicklung der zentral vorgegeben Matura-Aufgaben, wie es in dem Endbericht an die Ministerin heißt, könne sie einiges abgewinnen. Heinisch-Hosek kündigte an, die Vorschläge "eins zu eins" in Verhandlungen mit dem Koalitionspartner mitzunehmen.

Es gehe allerdings nicht darum, das Institut als solches infrage zu stellen. "Ich habe auch nie gehört, dass der Koalitionspartner das Bifie als überflüssig betrachtet", so Heinisch-Hosek. Noch heuer will die Ministerin die gesetzlichen Vorbereitungen für die Neuausrichtung des Bifie auf den Weg bringen. Im nächsten Jahr gelte es dann "in aller Ruhe mit Ausschreibungen und der Neuorganisation zu verbringen, damit die Matura nächstes Jahr gut von Statten gehen kann". Anfang 2017 soll die Neuaufstellung vollzogen werden.

"Unerlässliche" Aufgaben des Bifie

Vor allem als wissenschaftliches Institut dürfte das Bifie den Vorschlägen zur Folge erhalten bleiben. Diese Aufgaben nimmt aktuell vor allem der Standort Salzburg wahr, der für Bildungsstandards und internationale Leistungsstudien wie PISA zuständig ist. Geht es nach den von Norbert Maritzen vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung Hamburg vorgestellten Empfehlungen, soll sich daran auch nichts ändern. Die Durchführung der Bildungsstandard-Erhebungen und der internationalen Assessments sei "unerlässlich", so der Forscher.

Zudem könnte das Bifie in Zukunft auch mehr Längsschnittstudien durchführen. Die Forschungstätigkeit zur Qualitätssicherung und -entwicklung im Bildungssystem sollte allerdings stärker in Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen erfolgen. Auch eine Veröffentlichungspflicht wird in dem Papier angedacht. Den "Datenschatz", den das Institut angesammelt habe, könne es laut Maritzen nämlich gar nicht alleine heben.

Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft

Insgesamt habe das Institut sowohl hoheitliche Aufgaben – also die Planung und Durchführung der Zentralmatura – als auch nicht-hoheitliche Aufgaben in der Bildungsforschung bisher erstaunlich gut gemeistert. Das Bifie befinde sich aber "auf einer Schnittstelle" zwischen Politik und Wissenschaft. Wenn sich im Bereich der Zentralmatura nun etwas ändere, sei das Teil einer "normalen Weiterentwicklung", so Maritzen.

Bei der zukünftigen Gestaltung der Matura-Aufgaben sollten Lehrer noch mehr Mitsprache erhalten, ohne dass dabei an dem Anspruch der österreichweiten Standardisierung etwas verändert wird. Damit soll verhindert werden, dass Lehrer bei der Auseinandersetzung mit manchen Aufgabenformaten ein "Fremdheitserlebnis" erfahren, erklärte Maritzen. Wie das konkret funktionieren soll, muss noch erarbeitet werden. (APA, 8.6.2015)