Wien - Die Notenbank erwartet sich von der Steuerreform einen ansehnlichen Konjunktursprung und schraubt auf dieser Basis die Wachstumsaussicht für das Land deutlich nach oben. Das Bemerkenswerte daran: Die OeNB-Ökonomen werten die Entlastung ganz anders als andere Experten wie beispielsweise das Wifo. Dessen Konjunkturspezialist Marcus Scheiblecker glaubt, dass die Tarifsenkung fast eins zu eins für Urlaube oder Handys verwendet wird. Damit würde die Entlastung vorwiegend ins Ausland fließen. Den Wachstumseffekt bewertet er mit 0,2 Prozentpunkten über mehrere Jahre.

Grafik: Statistik Austria, Wifo, OeNB

Die Notenbank sieht einen deutlich stärkeren Effekt: 2016 und 2017 werde die Steuerreform die Wirtschaft um knapp 0,5 Prozentpunkte beflügeln, heißt es in der am Montag präsentierten Prognose. Woher rühren nun diese großen Unterschiede? Einerseits verwenden die Prognostiker nicht die gleichen Modelle. Andererseits gibt es einen statistischen Effekt: Die Notenbank darf die Maßnahmen gegen Steuer- und Sozialbetrug aufgrund einer Richtlinie der Eurozentralbanken nicht berücksichtigen. Daraus resultieren eine geringere Gegenfinanzierung und ein höherer Nettoeffekt. In Zahlen: Die verfügbaren Einkommen werden 2016 nach Inflation um satte 2,8 Prozent steigen. Damit soll der Konsum, der 60 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beiträgt, um 1,8 Prozent und 2017 sogar um 2,8 Prozent zulegen.

Grafik: Statistik Austria, Wifo, OeNB

Für die Gesamtwirtschaft verbleibt die OeNB für heuer bei ihrer Wachstumsprognose von 0,7 Prozent. Nach oben korrigiert wurde allerdings die Zahl für 2016. Statt mit 1,6 Prozent wird nun mit 1,9 Prozent BIP-Wachstum gerechnet. In einem ersten Ausblick rechnen die Analysten mit einem Anstieg des BIP um 1,8 Prozent für das Jahr 2017.

Die günstigen Wachstumsprognosen schaffen auch Abhilfe bei der Reduktion der Staatsschulden und des Budgetdefizits. So soll die Verschuldung nach einem Höchststand von 85,7 Prozent des BIPs dieses Jahr auf 81,6 Prozent in 2017 fallen. Ebenso wird sich das Budgetdefizit von 2,4 Prozent im letzten Jahr auf 1,4 Prozent in 2017 reduzieren.

Weniger rosig sehen die Nachrichten vom Arbeitsmarkt aus. Da immer mehr Personen auf den Arbeitsmarkt strömen, sei erst 2017 mit einem leichten Rückgang auf 5,5 Prozent nach Eurostat-Methode zu rechnen.

Grafik: Statistik Austria, Wifo, OeNB

Auch für den gesamten Euroraum zeichnet sich laut Notenbank eine günstige wirtschaftliche Entwicklung ab. Nach 0,9 Prozent Wachstum 2014 wird mit zwei Prozent für 2017 gerechnet. Ein treibender Faktor dieser positiven Entwicklung sei laut Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny das Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank, das wie geplant bis September 2016 fortgesetzt werden soll. (Andreas Schnauder, Andreas Maschke, 8.6.2015)