Sie sagen Niessl, sie meinen Faymann. Die Kritiker der rot-blauen Koalition, die nach Möglichkeiten suchen, dem burgenländischen Landeshauptmann die Parteimitgliedschaft zu entziehen, sind zutiefst verunsichert über die Linie ihrer Partei.

Hätte es nicht ein Machtwort des Vorsitzenden geben müssen, um den Tabubruch zu verhindern? Vielleicht. Was aber, wenn das Machtwort nicht gewirkt hätte? In der SPÖ sind - wie in den meisten anderen Parteien - die Landesorganisationen die eigentlichen Träger der Parteiarbeit, sie organisieren Wahlkämpfe, kassieren die Mitgliedsbeiträge. Wer das Geld hat, hat die Macht. Das weiß auch Faymann, der sich daher hütet, Machtworte zu sprechen, wo er in Wahrheit keine Macht hat. Das würde nicht viel ausmachen, wenn man ihm die Macht wenigstens zutrauen würde. Faymann aber wird als jemand wahrgenommen, der sozialdemokratische (oder wie es Parteijugend und Parteilinke noch lieber hätten: sozialistische) Politik nicht umzusetzen versteht. Das ist nur teilweise gerecht: Als Vorsitzender einer Mittelpartei ist er darauf angewiesen, Kompromisse zu schließen oder in Opposition zu gehen.

Er hat sich darauf festgelegt, diese Kompromisse mit der ÖVP zu schließen - seine Konsequenz ehrt ihn, aber sie belastet ihn auch. Denn die ÖVP ist ein schwieriger, wenn nicht gar unmöglicher Partner für linke Politik. Mit diesem Partner kann Faymann gar nicht mächtig wirken. (Conrad Seidl, 7.6.2015)