Der prominenteste Deutschnationale in der frühen Sozialdemokratie war Engelbert Pernerstorfer (1850 bis 1918). 1901 bis zum nahen Kriegsende saß er im Reichsrat, teilweise als Fraktionschef der Linken. Pernerstorfer kam aus der radikalen Schönerer-Bewegung, bevor er sich Victor Adler anschloss, der wie er Burschenschafter gewesen ist. Der Parlamentarier gab eine einflussreiche Zeitschrift heraus: Das deutsche Wort.

Im Blick auf die Wiederauflage einer rot-blauen Koalition (diesmal auf Landesebene) soll an diesen Hintergrund erinnert werden. Das nationale Element war bei den Christlich-Sozialen zwar immer stärker ausgeprägt - denken wir nur an den ersten Nationalratspräsidenten nach 1945, Leopold Kunschak, einen ÖVPler und bekennenden Antisemiten. Aber die SPÖ konnte sich davon genauso nie befreien.

Deckungsgleiches Wahlprogramm

Schon Hans Niessls Wahlprogramm war teils deckungsgleich mit dem der FPÖ. Weshalb die Koalition in Eisenstadt ein gutes Thema für das geplante "Haus der Geschichte" wäre - wenn es dieses Museum schon gäbe und es gelänge, binnen einiger Wochen eine Bild-Text-Internet-Dokumentation zu erstellen.

Mit ihrer Hilfe könnten vor allem junge Leute für die Geschichte interessiert werden. Beginnend mit dem Aufstieg der deutschnationalen Ideologie einerseits und der Arbeiterbewegung andererseits.

Um zu zeigen, wie zwischen dem Nationalsozialismus und dem rechtspopulistischen Aufschwung unter Jörg Haider die Einbindung des ehemaligen SS-Mannes Friedrich Peter in das österreichische Machtgefüge durch den Langzeitkanzler Bruno Kreisky inszeniert wurde. Dazu kamen Ex-Nazis in der Regierung und der Bund Sozialistischer Akademiker als deren Auffanglager.

Flüchtlingsströme als primäre Ursache für FPÖ-Wahlerfolg

Ein zweites Beispiel könnten jene Flüchtlingsströme sein, deren Auswirkungen als primäre Ursache für die neuerlichen Wahlerfolge der Freiheitlichen gelten.

Ich fürchte nur, dass die internationale Expertenrunde des Historikers Oliver Rathkolb vor lauter Wissenschaftlichkeit die politische Realität geflissentlich übersehen wird.

Dabei sind Hintergründe gar nicht schwer zu eruieren. Allein mithilfe der ORF-Archive kann man sie neu fassen und je nach Bedarf präsentieren.

Literaturmuseum

In der Wiener Innenstadt gibt es jetzt das neue Literaturmuseum. Spannend gemacht, allein schon, weil man mit Ingeborg Bachmann, Elfriede Jelinek und Marlene Streeruwitz beginnt und die originale Kanzlei von Franz Grillparzer draufsetzt. Man sieht Dokumente der Widerstands- und Exilliteratur, Wien als intellektuellen Magnet, Bezüge zum Film und sogar lokale Blicke wie die auf die Literaturexperimente Thomas Bernhards im kärntnerischen Maria Saal.

Trotzdem bleibt alles seltsam steril - weil verhaftet in der traditionellen Museumskultur. Kompetent, aber abgehoben. Wie sollen junge Leute trotz Einführungen ihrer Lehrer begeistert werden, wenn man all das nicht auch über Internetspiele vermittelt?

Das Problem ist nur, ob die hohe Politik die Präsentation der vielen Realitäten zulässt - selbst die SPÖ verdrängt gerne Teile ihrer Geschichte. (Gerfried Sperl, 7.6.2015)