Auf Seiten des FC Barcelona ein beziehungsintensives Muster der Dominanz, bei Juventus die Ökonomie der Vertikalität. Der Unterschied in Sachen Spielgestaltung manifestiert sich auch im Zeitdiagramm, das ein fast durchgängiges Übergewicht der Katalanen bis zur 60. Minute aufweist, während die Norditaliener lediglich im letzten Drittel eine Phase der relativen spielerischen Dominanz entwickeln konnten.

Das für die Barça-Schule so typische Spiel der nachhaltigen Ballzirkulation hat im Verlauf dieser Saison eine bemerkenswerte strukturelle Transformation erfahren, die man als Post-Xavismus bezeichnen könnte. Der Rückzug des zentralen Mittelfeldakteurs Xavi Hernández ermöglichte die fortgeschrittene Emanzipation der beiden Außenverteidiger Dani Alves und Jordi Alba als überragende Impulsgeber für das Offensivspiel. Auf ihrer Initiative fußen gleich mehrere spielprägende Dreiecke, die sich schließlich in der magischen Phalanx Messi-Neymar-Suárez verdichten.

Die Zahl der Pässe im Zeitverlauf (pro fünf Minuten).

Juves Antwort auf die rasante Rotationen entwickelte erst im Lauf der zweiten Hälfte jene Dringlichkeit, mit der die Italiener zuvor spielerisch ähnlich dominante Gegner aus dem Bewerb geworfen hatten. Einer spielentscheidenden Vertikalität fehlte allerdings über weite Strecken die Präzision vor allem aus dem Zentrum, wo die Impulse von Andrea Pirlo am konsequenten Pressing der Katalanen abprallten.

Sowohl die sonst so unüberwindliche Defensive, der Giorgio Chiellini merklich abging, als auch die nadelstichartige Wucht des Turiner Konterspiels kamen in diesem durchaus umkämpften Finale den einen oder anderen entscheidenden Schritt zu spät. (Helmut Neundlinger, 7.6.2015)