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Junge Rote sagen "Nein" zu Rot-Blau im Burgenland. Und zur Interpretation von Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos.

Foto: APA/Georg Hochmuth

Wien – Einst war er als Mister Hitparade eine Wortgewalt. Jetzt kostet es Udo Huber im Gespräch mit dem Standard hörbar einige Mühe, den richtigen Ton für seine Reaktion auf den neuesten Hit aus dem Burgenland zu finden. Rot-Blau auf dem pannonischen Politfloor? Huber: "Ich bin da sehr gespalten. Also ich persönlich bin natürlich gegen eine menschenverachtende, xenophobe Partei wie die FPÖ." Aber.

Ab hier deckt sich Hubers Wertung der im Laufschritt gebildeten Koalition zwischen Hans Niessls Roten und Johann Tschürtzs Blauen mit vielen anderen rund um die und in der SPÖ. Mit den Worten Hubers: "Es ist auch eine taktisch kluge Reaktion von Niessl. Was wäre die Alternative gewesen?"

Kern will Info über Niessls Motive

Huber ist nicht der einzige aus Niessls Personenkommitee, den die Folgen der Landtagswahl plagen. Schauspieler Lukas Resetarits hatte "schon im Wahlkampf ein Magengeschwür", empfahl seinem Freund "Hans" am Donnerstag gar den Wechsel zur FPÖ. Ein anderes Mitglied aus Niessls Promiteam will nicht so schnell urteilen. ÖBB-Chef Christian Kern lässt den Standard wissen, er "gehe davon aus, dass der Landeshauptmann die Mitglieder des Personenkomitees über die Motive informieren wird". Davon scheint abzuhängen, was der als Kanzler-Reserve gehandelte Kern selbst von Rot-Blau hält.

Immerhin: Manchen verschlägt's ob des rot-blauen Turboantriebs in Richtung Koalition komplett die Sprache. Kein rotes Regierungsmitglied wollte sich auf Anfrage des Standard zum burgenländischen Tabubruch äußern. Gewerkschafter, Arbeiterkammerchef – alle verreist.

Kaiser: Höchste Vorsicht!

Im Süden findet der rote Landeshauptmann Peter Kaiser klare Worte: "Aus Kärntner Sicht und aus unseren leidvollen Erfahrungen kann ich nur sagen, dass jedenfalls höchste Vorsicht geboten ist! Speziell in Kärnten, aber auch auf Bundesebene hat die FPÖ in der Vergangenheit unter ihrer Regierungsbeteiligung bewiesen, dass sie zu einer verantwortungsbewussten, ehrlichen Politik einfach nicht fähig sind." Dazu komme, "dass es der FPÖ und ihren Vertretern – zumindest einigen führenden Persönlichkeiten – offenbar alles andere als ein Anliegen ist, sich vom rechten Rand unmissverständlich zu distanzieren".

In Oberösterreich ist die frühere Nationalratsabgeordnete Sonja Ablinger "bass erstaunt" ob des Freibriefs, den Kanzler Werner Faymann und sein Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos den Genossen im Burgenland ausstellen. Ihre Meinung: "Man bekämpft Rechtspopulisten nicht, indem man mit ihnen koaliert."

Ärger auch bei den Jungen. Diesem machten sie am Freitag vor und in der roten Parteizentrale in Wien Luft. Der Leintuchaktionismus mit der Aufschrift "Kein gelungenes Experiment – Verrat" richtete sich direkt an Darabos, der die burgenländische Koalition gerne mit diesem Etikett versehen wollte.

"Darabos gehört abgelöst"

Die Wiener SPÖ-Gemeinderätin und stellvertretende Klubvorsitzende Tanja Wehsely forderte gar den sofortigen Rücktritt von Darabos. "Mir bleibt nur mehr die Luft weg, die unnötigen Erklärungen werden immer schlimmer. Darabos gehört sofort abgelöst. ,Interessantes Experiment’, dass ich nicht lache", schreibt Wehsely auf Facebook und fordert ein Einschreiten Faymanns. So sieht das auch der Wiener Gemeinderat Peko Baxant. Rudolf Schicker brauchte erst ein paar Tage, bis er auf Linie der Kritiker war.

Auch Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger schmückt ihren Facebook-Account mit dem rot-blauen "Nein"-Logo und befindet: "Mit der FPÖ ist keine Zukunft zu bauen." Die SPÖ habe "die Aufgabe, das Miteinander voranzutreiben und gegen Unrecht aufzutreten". Die SP-Chefs von Vorarlberg (Michael Ritsch) und Salzburg (Walter Steidl) hingegen: Die Entscheidung liege bei Niessl, auf Bundesebene bleibt die FPÖ Tabu. Der Rest: siehe Udo Huber.

Deutlicher wurde die Kultusgemeinde. Deren Präsident Oskar Deutsch warnte: "Wer Wind sät, wird Sturm ernten."Auch Johann Schwantner, Vorsitzender des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer, lehnt im Gespräch mit dem Standard die Zusammenarbeit mit der "ausländerfeindlichen und rassistischen FPÖ" ab. Roma-Vertreter Rudolf Sarközi spricht aus der Position des Personenkomiteemitglieds: "Freud' habe ich keine damit", aber es gebe eben auch "Vernunftehen". Physiker und "Science Buster" Werner Gruber saß auch im Promiunterstützungsteam, ärgert sich aber lautstark in einem Schreiben an Niessl, das er auch auf Facebook veröffentlicht hat: Für vergangene Regierungsbeteiligungen der Freiheitlichen "zahlen wir heute noch". Und die FPÖ sei nicht nur "wirtschaftlich, nein, sie ist auch sozial und menschlich letztklassig" und "doch kein Partner, mit dem man gemeinsam Politik betreiben kann".(APA, burg, ruep, riss)