Auf der Skala selbstinszenierter Grauslichkeiten im Umgang mit Schutzsuchenden gibt es in Österreich nach oben hin derzeit offenbar kein Halten. Erst scheitert das heimische Flüchtlingsaufnahmewesen, für das das Innenministerium letztverantwortlich ist, an steigenden Asylwerberzahlen.

Die Antwort darauf sind Zelte statt fester Quartiere. Damit wurde der seit Jahrzehnten von Politik und Boulevard zum Teil auf "Asylanten"-Ablehnung eingeschworenen Bevölkerung ein bedrohlicher Notstand signalisiert, den es trotz der gestiegenen Antragszahlen keineswegs gibt.

Verschubmasse im Behördenstreit

Sozusagen als Draufgabe übersiedelt das Innenministerium in Traiskirchen Flüchtlinge wegen eines simplen Bescheids bei großer Hitze aus Häusern unter Planen; behandelt sie als Verschubmasse in einem Behördenstreit – das Gegenteil tatsächlicher Konfliktlösungskompetenz.

Und nun will man offenbar zur konzertierten Außerlandesbringung schreiten. Mit Bussen und Charterflügen werde man sogenannte Dublin-Fälle nach beschleunigten Verfahren nach Ungarn und Bulgarien bringen, war bei der Innenministeriums-Pressekonferenz am Mittwoch zu hören.

Auch Kriegsflüchtlinge betroffen

Potenziell betroffen seien ein Viertel aller in Österreich befindlichen Asylwerber, Kriegsflüchtlinge inklusive. Im Unterschied zu den Verfahrensbeschleunigungsplänen für Kosovaren zu Jahresbeginn geht es diesmal um Menschen mit großteils asylrelevanten Fluchtgründen.

Nun weiß man im Innenministerium ganz genau, dass es auf dem Weg zu derlei Bussen und Charterflügen eine Reihe von Hemmnissen gibt; es sei denn, die österreichischen Asylbehörden würden EU-Recht ignorieren. Die Dublin-Verordnung, laut der jenes EU-Land für das Verfahren eines Flüchtlings zuständig ist, in dem er zuerst Unionsboden betreten hat, funktioniert nach klaren Regeln.

Nichts ohne Rücknahmezertifkat

Vor Rückschiebungen muss rechtskräftig festgestellt werden, dass das andere Land die jeweiligen Asylverfahren abzuwickeln hat. Und dann braucht es von dort auch noch Rücknahmezertifikate, die vielfach nicht eben zügig ausgestellt werden.

Was damit von Mikl-Leitners Bus- und Charterplänen bleibt, ist auch diesmal zuallererst die Inszenierung. Doch die hat es in sich – werden durch sie doch Bilder von Massenabschiebungen geschaffen, wie sie die FPÖ nicht besser suggerieren könnte. Es wird signalisiert, dass es notwendig sei, Flüchtlinge als Gruppe tunlichst loszuwerden. Das ist ein weiterer Schritt hin zu ihrer Degradierung. (Irene Brickner, 3.6.2015)