Die Symptomatik von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) bedeutet Einschränkungen in allen Lebensbereichen, bis hin zum sozialen Rückzug. "Es ist oft auch ein Irrweg bis zur Diagnose", sagte Evelyn Groß, selbst an Morbus Crohn erkrankt und bei der Selbsthilfegruppe ÖMCVV tätig, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Anlass war der "Lange Tag des Darms", der am 13. Juni im Wiener Museumsquartier stattfindet.
Die Veranstaltung der CED-Initiative "darm plus" hat sich zum Ziel gesetzt, am "Darmsamstag" die Aufmerksamkeit für diese Krankheiten, an der bis zu 80.000 Österreicher leiden, zu erhöhen. Zu diesem Zweck werden im Museumsquartier Fachvorträge gehalten, bei denen es ebenso um die Themen Darmkrebs und Nahrungsmittelintoleranz gehen wird. Zudem gibt es ein 20 Meter langes, begehbares Darmmodell, das Einblick in das Organ und dessen Erkrankungen gewähren wird.
Neue Therapien
"Die Therapiemöglichkeiten bei CED haben sich in den letzten 30 Jahren potenziert", erklärte Harald Vogelsang, Präsident von "darm plus" und Facharzt für Gastroenterologie und Hepatologie an der AKH-MedUni Wien. So können krankheitsbedingte Operationen bei diesen Durchfallerkrankungen, zu denen auch Colitis ulcerosa zählt, bei entsprechender Therapie vermieden werden.
Bis eine solche Therapie beginnt, vergeht manchmal jedoch wertvolle Zeit: "Patienten laufen oft bis zu drei Jahre von einem Arzt zum nächsten", nannte Vogelsang die große Hürde, die sich den Patienten bis zur Diagnose stellt und deren gesundheitliche Risiken bis hin zu Krebserkrankungen erhöht.
Denn der Wissensstand ist nicht nur bei der Bevölkerung selbst gering – laut einer IMAS-Umfrage im Oktober war etwa 57 Prozent der Befragten Morbus Crohn weitestgehend unbekannt -, sondern auch bei Allgemeinärzten herrscht laut Vogelsang Bedarf nach erhöhter Aufmerksamkeit.
Unspezifische Symptome
Für die Betroffenen sorgt die Krankheit bis dahin für ein leidvolles Dasein, berichtete Groß, Jugendbeauftragte der Österreichischen Morbus Crohn-Colitis Ulcerosa-Vereinigung (ÖMCCV). Dass die Diagnose nicht unmittelbar erfolgt, liegt an oft unspezifischen Symptomen, wie Abgeschlagenheit, Blutarmut oder Müdigkeit.
Oft würden CED-Patienten von Angehörigen als Hypochonder abgetan. Der Umstand, dass man als direkte Folge bis zu 20 Mal am Tag das WC aufsuchen muss, wirke sich dann auch auf den Beruf aus und nicht selten erfolgt ein sozialer Rückzug und man lebt schließlich daheim. "Unser Ziel ist es, den Erkrankten wieder eine Teilnahme am Alltagsleben zu ermöglichen", betonte Groß daher.
Die Schwierigkeiten der Diagnostik von CED fasste Christoph Dachs, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM), zusammen. "Es gilt, eine CED frühzeitig zu erkennen, doch nicht immer werden die Symptome überhaupt mit einer Darmerkrankung assoziiert", sagte Dachs.
Entstehung ungeklärt
Das Wichtigste sei daher neben den Untersuchungen das Gespräch mit dem Patienten. Die genaue Entstehung von CED selbst ist noch nicht vollständig geklärt, man gehe aber von klassischen psychosomatischen Ursachen verbunden mit einer genetischen Disposition aus. Ebenso ist der Zustand der Darmflora wohl mit an der Genese beteiligt, ergänzte Vogelsang.
Was Vorbeugung und die günstige Beeinflussung von Erkrankungen des Magendarmtrakts im Allgemeinen betrifft, so wies Diätologe Peter Hillebrand auf die Mitwirkung der Ernährung hin. Die Vermeidung von Zucker, rotem Fleisch und Margarine zugunsten einer naturbelassenen, eher vegetarischen Kost sei zu empfehlen. Eine direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung sei aber nicht nachgewiesen, denn hier fehle es an geeigneten Studien, so Hillebrand. (APA, derStandard.at, 3.6.2015)