Die renommierte Studiengruppe ABCSG (Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group) konnte mit Österreichs größter Brustkrebsstudie ABCSG 18 unter maßgeblicher Mitwirkung der MedUni Wien belegen, dass Patientinnen nach einer endokrinen Krebstherapie von einer Osteoporose verschont bleiben können.
Eindeutige Ergebnisse
Die Daten vder placebo-kontrollierten Adjuvans-Studie mit 3.425 postmenopausalen Brustkrebspatientinnen beweisen mit überraschender Eindeutigkeit, dass therapieinduzierte Osteoporose und Knochenbrüche als Nebenwirkung einer endokrinen Brustkrebstherapie mit Aromatase-Inhibitoren einfach und ohne zusätzliche Toxizität reduziert werden kann.
Wird zu dieser Standardtherapie der humane monoklonale Antikörper Denosumab (zweimal jährlich als Injektion) verabreicht, verringert sich die osteoporose-induzierte Frakturrate um 50 Prozent. Auch erhöht sich die Knochendichte, die Anzahl der Wirbelfrakturen wird halbiert.
"Neben dem unerwartet deutlichen Haupteffekt der Frakturverhinderung zeigen unsere Daten, dass therapieinduzierte Frakturen ein viel größeres Problem sein dürften als wir bisher vermutet haben", sagt Michael Gnant, Leiter der Universitätsklinik für Chirurgie der MedUni Wien und Präsident der ABCSG.
Diese Daten seien "wohl die genauesten bisher in der weltweiten Literatur." Damit reiht sich Österreichs größte und bereits seit 30 Jahren erfolgreiche Studiengruppe ABCSG wieder einmal klar ins Spitzenfeld der globalen Krebsforschung ein, heißt es von der MedUni.
Knochendichte steigern
Bemerkenswert ist auch, dass die Therapie mit Denosumab sowohl bei Brustkrebspatientinnen mit normaler Knochendichte als auch bei Frauen, die bereits Osteopenie (verminderte Knochendichte) aufweisen, gleichermaßen gut wirkt. In typischen Risikobereichen für osteoporosebedingte Frakturen – Oberschenkelhals, Hüfte und Lendenwirbelsäule – konnte eine Zunahme der Knochendichte zwischen sechs und zehn Prozent beobachtet werden.
Gnant erwartet auf Basis dieser Ergebnisse weltweit einen "practice change" in der Brustkrebsbehandlung: "Wir können unseren Patientinnen mit nur zwei Injektionen pro Jahr eine schwerwiegende Folge der Krebstherapie ersparen – dieser Vorteil muss meiner Meinung nach sehr rasch Standard in Österreich werden."
Die Ergebnisse dieser wegweisenden Brustkrebsstudie wurden am 1. Juni bei dem wichtigsten Krebskongress, dem Annual Meeting der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago präsentiert, und zeitgleich im europäischen Spitzenjournal "The Lancet" publiziert. Ihre Bedeutung für die Praxis wurde heute im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien erläutert.
Unterschätztes Problem
Die neuen Erkenntnisse, die diese wichtige Studie der ABCSG nun bringt, zeigen vor allem, dass das Problem der Knochenbrüche bei Brustkrebspatientinnen bislang unterschätzt wurde. Nicht nur Frauen mit ersten Anzeichen von Osteopenie sind von diesen Frakturen betroffen, sondern auch Frauen, die am Beginn der endokrinen Krebsbehandlung eine völlig normale Knochendichte aufweisen.
"Wenn man davon ausgeht, dass beinahe ein Zehntel aller Frauen mit Brustkrebs, die nach der Menopause eine Behandlung mit Aromatase-Inhibitoren erhalten, innerhalb von drei Jahren nach Diagnose einen nachweisbaren Knochenbruch erleiden, dann ist das schon eine erschreckend hohe Zahl, die die Wichtigkeit der Studienergebnisse eindrücklich vor Augen führt", sagt ABCSG-Experte Christian Singer.
Überprüft wurde in der bislang größten Brustkrebsstudie des Landes die zusätzliche Gabe von 60 Milligramm Denosumab subkutan mittels Injektion alle sechs Monate. "Es ist in dieser Dosierung praktisch nebenwirkungsfrei – ein derart günstiges Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil sieht man in der Krebsbehandlung selten", so Singer zu den Vorteilen der Zusatztherapie.
Neben dem kostenschonenden Effekt für das Gesundheitssystem wäre diese Behandlung vor allem für den Erhalt der Lebensqualität der Patientinnen sehr wichtig. "Die ABCSG wird mit diesen aussagekräftigen Ergebnissen sicher eine relevante Veränderung in der Krebstherapie in Österreich bewirken, die sich in absehbarer Zeit auch global durchsetzen wird", heißt es von der MedUni. (red, 3.6.2015)