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Oxfam-Protest gegen Steuerbetrug, der von der G7 bisher toleriert wurde.

Foto: Reuters

Wien/Berlin – Natürlich hat der große Alte der Deutschen auch zum G7-Gipfel etwas zu sagen. "Meine Erwartungen sind begrenzt", grummelt Ex-Kanzler Helmut Schmidt, mittlerweile 96 Jahre alt, vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs im bayerischen Elmau. Denn: Der russische Präsident Wladimir Putin ist nicht eingeladen worden. Das findet Schmidt nicht gut: "Ich sehe deutlich, dass Putin beleidigt ist durch die Tatsache, dass der Westen ihn seiner Vorstellung nach nicht ernst genug nimmt."

Die deutsche Kanzlerin, Gastgeberin des Mega-Events, hat vor Wochen im Bundestag schon erklärt, warum Putin im Kreis der wichtigsten westlichen Industrienationen nicht erwünscht sei: "Solange sich Russland nicht zu den grundlegenden Werten des Völkerrechts bekennt und danach handelt, ist für uns eine Rückkehr zum Format der G8 nicht vorstellbar." Man sei schließlich auch eine Wertegemeinschaft. "Dazu gehört, dass wir das Völkerrecht und die territoriale Integrität der Staaten achten." Das Vorgehen Russlands in der Ukraine sei damit nicht in Einklang zu bringen.

Den großen Aufwand für den Gipfel verteidigt Merkel, trotz der hohen Kosten und der aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen. Einmal im Jahr könnten sich die Staats- und Regierungschefs "offener und intensiver als sonst üblich" austauschen. Und dabei wolle sie den Gästen "ein wunderschönes Stück Deutschland zeigen". Die Themen, die auf der Gipfelagenda stehen, sind ohnehin mühsam genug.

Kampf gegen Terror

In der Außen- und Sicherheitspolitik geht es um die Ukraine, Russland und den Iran, den Kampf gegen internationalen Terrorismus. Die Gipfelteilnehmer wollen außerdem über Maßnahmen gegen das Flüchtlingselend im Mittelmeer beraten. Außerdem bereitet der Gipfel die UN-Klimakonferenz in Paris Ende des Jahres vor. Merkel will auch die Verschmutzung der Meere besprechen. "Sie sind zur größten Mülldeponie der Welt verkommen", hat sie bei einer Diskussion mit Wissenschaftlern aus den G7-Staaten erklärt.

Forscher aus der G7 haben die Staats- und Regierungschefs auch aufgefordert, das Problem der Antibiotikaresistenz zu thematisieren. Da in der Tiermast immer mehr Antibiotika verwendet werden, wirken Medikamente bei Menschen immer weniger. Auch über Lehren aus der Ebola-Epidemie in Westafrika wird beraten.

Afrika ist überhaupt eines der heikelsten Schwerpunktthemen beim Gipfel: Am zweiten Tag des Treffens steht der Kontinent laut Programm sogar im Mittelpunkt der Beratungen. So reisen die Staats- und Regierungschefs aus Äthiopien, Liberia, Nigeria, Senegal und Tunesien an um über Wachstum und entwicklungspolitische Fragen zu diskutieren. Auch der Chef der Industriestaatenorganisation OECD, José Ángel Gurría, wird erwartet.

Oxfam will neue Steuer-Organisation

Dabei muss sich die G7 wie in den vergangenen Jahren teils heftige Kritik von Nichtregierungsorganisationen gefallen lassen. So veröffentlichte Oxfam in der Nacht auf Dienstag einen Bericht über Steuervermeidungstricks multinationaler Konzerne aus den G7-Staaten. Laut Oxfam entgeht den Ländern Afrikas wesentlich mehr Geld durch Steuertricks der Multis, als auf der anderen Seite Gelder in Form von Entwicklungshilfe ankommen.

Oxfam will das mit Zahlen der Vereinten Nationen belegen: Laut einer UN-Untersuchung haben Firmen allein im Jahr 2010 die Steuerbehörden afrikanischer Länder um rund elf Milliarden US-Dollar (etwa zehn Milliarden Euro) geprellt.

Zu den beliebtesten Tricks zählt die Manipulation interner Verrechnungspreise. So dürfen sich Tochtergesellschaften von globalen Konzernen gegenseitig Kosten für Produkte, oft auch immaterielle Vermögenswerte wie Lizenzen, in Rechnung stellen. Mit solchen Ausgaben kann die Steuerbelastung eines Konzerns optimiert werden – etwa weil Gewinne aus Afrika in Steueroasen verschoben werden. Um das Problem zu lösen, ruft Oxfam unter anderem zur Schaffung einer Internationalen Organisation auf, die sich um Steuerfragen kümmert. Die OECD hat zwar spezielle Untergruppen zu solchen Fragen. Doch bei der OECD sind eben nur Industrieländer Mitglied, weshalb dort das Problem des globalen Steuerbetrugs laut Oxfam nicht gelöst werden kann. (András Szigetvari, Birgit Baumann, 4.6.2015)