"Ich werde gegen diese Hetzpolitik bedingungslos und mit aller Härte eintreten. Weicheierei ist mir ohnehin nie gelegen."

Gut gebrüllt, Löwe. Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat doch noch ein ein paar politische Instinkte. Einem Gegner, der so beschaffen ist wie die FPÖ – und noch dazu die Wiener FPÖ –, kann man nicht mit Beschwichtigung und verschämter Übernahme von dessen Themen beikommen.

Der renommierte Wahlforscher Christoph Hofinger brachte es im STANDARD-Chat nach den Landtagswahlen auf den Punkt: "Wer 'Strafen für Integrationsverweigerer' fordert, stimmt der FPÖ in ihrer Diagnose zu, dass dies häufig vorsätzlich passiert und dass Strenge das Mittel der Wahl ist. Die Landeshauptleute wollten dadurch ihre Flanke schützen, in Wirklichkeit haben sie dadurch die FPÖ gestärkt."

Einen Gegner, der bei zentralen Werten der sozialdemokratischen wie christdemokratischen Bewegungen – Solidarität, Menschenrechte und Humanität – so ziemlich die Gegenposition vertritt, kann man nicht niedertaktieren, wie dies Burgenlandeshauptmann Niessl von der SPÖ und ÖVP-Parlamentsklubchef Lopatka jetzt glauben. Schüssel hat es versucht, und ist letztlich damit baden gegangen.

Michael Häupl will Schluss machen mit dieser "Weicheierei" und die direkte Konfrontation suchen. Das könnte die vielen, vielen Wiener verschrecken, die zwar vielleicht SPÖ-Anhänger sind, aber die Inhalte der FPÖ – vor allem die Fremdenfeindlichkeit – teilen. Schon möglich. Aber Leute, die für Rechtspopulisten anfällig sind, wünschen sich von ihren Politikern Stärke, Härte, Führungskraft.

Man muss nicht die Parolen und die hirnrissigen Konzepte der Rechtspopulisten nachbeten; aber man muss darstellen können, dass man es besser macht.

Häupl will also wieder ein Kämpfer werden, und da gibt es natürlich einige Probleme. Rein äußerlich macht er oft einen müden Eindruck. Nach 20 Jahren kein Wunder.

Mindestens so wichtig sind die realen Probleme der Bundeshauptstadt, die sich unter seiner Führung zugespitzt haben. Wien ist Spitzenreiter bei der insgesamt rekordverdächtigen Arbeitslosigkeit. Standortschwächen werden jetzt sichtbar. Die Industrie ist abgewandert und kann in ihrer Wertschöpfung nicht durch Stadtfeste ersetzt werden. In der Integrationsarbeit hat die Stadt Wien zwar etliche, zu wenig beachtete Arbeit geleistet, aber vor allem im Schulsystem schlagen die Folgeprobleme der Migration voll durch. Im Spitalssystem knirscht es deutlich. Und schließlich sind die (Franken-) Schulden der Stadt nicht unbeachtlich.

Noch etwas: Es wird Häupls letzter Kampf, und die Riege der potenziellen Nachfolger ist schmal. Häupl vermittelt Stabilität, aber wer vermittelt Zukunftskraft?

Der alte Löwe hat noch eine Pranke. Seine Partei müsste die Reste ihrer Zukunftsfähigkeit mobilisieren. Und auch die anderen, Grüne, Neos sowie die matte Wiener ÖVP, müssten sich besinnen, dass in diesem Wahlgang Weicheierei nichts bringt. (Hans Rauscher, 2.6.2015)