Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ, re.) und sein Vize Reinhold Mitterlehner (ÖVP) wollen trotz großer Zugewinne der FPÖ ihre Migrationspolitik fortsetzen.

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Wien – Hans Niessl steht alleine da. Seine Parteikollegen in der SPÖ lehnen es ab, dass der burgenländische Landeshauptmann nach den Landtagswahlen auch mit den Freiheitlichen über eine Koalition spricht.

Für SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder haben die Erfahrungen mit der schwarz-blauen Bundesregierung sowie mit der FPÖ-Regierung in Kärnten gezeigt: "Wo immer Freiheitliche regieren, führt das zu einem Desaster." Die FPÖ sei nicht regierungsfähig.

Auch für Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen keine Option. Die FPÖ sei eine trennende und ausgrenzende Partei. "Wer ein weltoffenes Österreich will, mit der FPÖ geht das nicht", sagt Infrastrukturminister Alois Stöger.

Häupl: "Harte Auseinandersetzung"

Die klarsten Worte gegen eine Regierungsbeteiligung mit der FPÖ fand der Wiener Bürgermeister Michael Häupl. "Eine Koalition mit diesen Freiheitlichen ist nicht möglich." Das gelte auch nach der Wien-Wahl am 11. Oktober. Die Gültigkeit seiner Aussage wollte Häupl für Wien verstanden wissen. Dass sein burgenländischer Amts- und Parteikollege Niessl ein rot-blaues Bündnis nicht ausschließt, dürfte Häupl aber nicht goutieren.

Dass Niessl angekündigt hat, Sondierungsgespräche auch mit der FPÖ zu führen, sei "sein gutes Recht. Auch ich rede mit den Freiheitlichen", sagte Häupl. Er erinnerte aber an den gültigen SPÖ-Bundesparteitagsbeschluss von 2004, wonach die Sozialdemokraten keinesfalls eine Koalition mit der FPÖ eingehen dürfen.

Für den Wahlkampf in Wien kündigte Häupl eine "harte Auseinandersetzung" mit der FPÖ an. "Ich werde gegen diese Hetzpolitik bedingungslos und mit aller Härte eintreten. Weicheierei ist mir ohnehin nie gelegen." Über die von der FPÖ Wien für Mittwoch angekündigte Protestaktion gegen das Asylwerberquartier in Wien-Erdberg zeigte er sich entsetzt. "Die Zeltstädte für Flüchtlinge müssen weg. Das ist Österreichs nicht würdig."

Dass die FPÖ mit Heinz-Christian Strache im Herbst auch in Wien massiv zulegen wird, glaubt Häupl nicht. Er erinnerte an die 25,8 Prozent, bei denen die FPÖ seit 2010 halte. Strache soll jedenfalls zum Wahlkampf "gerne nach Wien kommen. Er war die letzten vier Jahre eh nicht da - außer in Discos und Nobelrestaurants."

Unterstützung aus Salzburg

SPÖ-Chef Werner Faymann betonte am Dienstag nach dem Ministerrat erneut, dass er Niessl bei der Regierungsbildung nicht "dreinreden" wolle. Niessl sei in einer schwierigen Situation, weil die ÖVP hinter seinem Rücken eine Koalition mit FPÖ und Liste Burgenland bilden könne. "So etwas soll ja schon einmal vorgekommen sein", sagte Faymann in Anspielung auf die schwarz-blaue Regierungsbildung auf Bundesebene. Er stärke seinem Parteikollegen den Rücken und hoffe, dass er die richtige Entscheidung treffe. Im Bund will Faymann weiterhin nicht mit der FPÖ koalieren.

Ein Fürsprecher Niessls findet sich in Salzburg. Der Arbeiterkammerpräsident Siegfried Pichler kann sich eine Koalition mit der FPÖ im Burgenland oder Salzburg vorstellen. "Mir ist lieber, Niessl regiert mit einer moderaten FPÖ, als wir haben wieder Schwarz-Blau." Die FPÖ sei nicht überall die Strache-FPÖ.

Die ÖVP will eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ebenfalls nicht ausschließen. Vizekanzler und Parteichef Reinhold Mitterlehner will die Partei aus "demokratiepolitischen Gründen" nicht ausgrenzen. In den Bundesländern wolle er diese Entscheidung ebenfalls den dortigen Landespolitikern überlassen.

Lopatka für Verhandlungen

Offensiv für eine schwarz-blaue Regierung in der Steiermark tritt ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka ein. Nach der Wahl seien nun SPÖ, ÖVP und Freiheitliche gleich stark. Nun gelte es mit beiden anderen Parteien zu verhandeln. Sollte die FPÖ Reformpläne unterstützen - "warum soll dann die ÖVP ablehnen?"

Die Regierungsspitze spekulierte auch über die Ursachen für die schlechten Ergebnisse der Koalitionsparteien und die Zugewinne für die FPÖ. Faymann und Mitterlehner wollen weiterhin ihre Linie in der Ausländerpolitik fortsetzen. Man werde in der Flüchtlingspolitik nicht den Hass aufgreifen und nachahmen, sagte Faymann. Die beste Antwort auf die Ängste der Bürger sei eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern, um künftig genügend Quartiere für Flüchtlinge zu finden.

Mitterlehner kündigte an, die Aktivitäten gegen die Arbeitslosigkeit zu verstärken. Er spekulierte, dass es ein Fehler von SPÖ und ÖVP in der Steiermark war, sich für eine neue Koalition vor der Wahl festzulegen. "So wussten die Wähler, dass nichts passiert, wenn sie FPÖ wählen." (Lisa Kogelnik, David Krutzler, Thomas Neuhold, 2.6.2015)