Lissabon/Wien - Bereits vor acht Jahren kritisierte die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA), dass Österreich als eines der wenigen Länder in Europa keine nationale Drogenstrategie hat. Genutzt hat die Kritik nichts - im Gegenteil. Mittlerweile sind nur noch Österreich und Dänemark ohne eine derartige Strategie.

Im Gesundheitsministerium betont man auf Nachfrage aber, dass dieses Manko beseitigt werden soll. Derzeit arbeite man noch an der im Regierungsprogramm vorgesehenen Nationalen Suchtpräventionsstrategie, sie sollte aber noch heuer präsentiert werden.

Gleichzeitig zeigt der in Lissabon präsentierte EMCDDA-Jahresbericht, dass Österreich im internationalen Vergleich einen hohen Anteil an Menschen mit einem problematischen Heroinkonsum gibt. Unter 21 Staaten, die Schätzungen dazu übermittelt haben, liegt Österreich an fünfter Stelle.

Österreich im Cannabis-Mittelfeld

Die illegale Droge Nummer 1 in Europa bleibt aber Cannabis. 23,3 Prozent aller erwachsenen Europäern und Europäerinnen haben in ihrem Leben zumindest einmal schon an einem Joint gezogen. Österreich liegt hier mit 14,2 Prozent im europäischen Mittelfeld.

Das beliebte Rauschmittel wird dabei immer stärker, beobachtet die EMCDDA. Die im eigenen Land produzierten Pflanzen weisen schon seit Jahren eine immer höhere Wirkstoffkonzentration auf. In Marokko, dem Hauptproduzenten von Haschisch, hat man darauf reagiert - durch neue Produktionsmethoden wird auch das immer stärker.

Die Popularität zeigt sich allerdings auch bei der Therapie. Die Zahl der Konsumenten, die sich in Therapie begeben, ist innerhalb von sieben Jahren von 45.000 auf 61.000 Personen gestiegen. Nicht immer kommen sie freiwillig: Über die Hälfte wird von Justiz- oder anderen Behörden zur Behandlung geschickt. Interessanterweise kommt aber dennoch über ein Drittel von selbst.

Stationäre Behandlung

Wie eine Therapie ausschauen könnte, ist dagegen weniger klar. Einig sind sich die Experten darin, dass psychosoziale Ansätze am erfolgsversprechendsten sind. Ganz so harmlos, wie behauptet, ist das Rauschmittel nicht: Ein Fünftel aller Patienten, die in eine stationäre Behandlung kommen, geben Cannabis als Primärdroge an.

Stichwort Behandlung: Ein Manko ortet die Beobachtungsstelle bei den Angeboten für ältere Heroinabhängige. Demnach wird die Mehrheit der Patienten schon bald über 40 Jahre alt sein, spezielle Therapien gibt es aber nur in fünf Ländern. Deutschland und die Niederlande sind dabei führend: Dort wurden bereits Altenpflegeheime errichtet, die auf die Bedürfnisse älterer Drogenkonsumenten eingestellt sind. (Michael Möseneder, 4.6.2015)