Das Richtige tun, aber aus Angst vor der FPÖ und den eigenen Genossen nicht darüber zu reden, ist mit Sicherheit die falsche Strategie für die Wien-Wahl.

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Viel kann man der Wiener SPÖ vorwerfen: Dass sie sich selbst zu gerne feiert und zu viel Geld für Eigenwerbung ausgibt, dass es undurchsichtige finanzielle Verquickungen zwischen Stadt und Partei gibt, dass sie ihren Nachwuchs zu wenig pflegt, dass sie machtverliebt bis zur Arroganz ist.

Was man der Wiener SPÖ und Michael Häupl sicher nicht vorwerfen kann: Dass es keine klare Haltung zur FPÖ gäbe, dass man sich je an Jörg Haider angeschmiegt hätte – oder dass sie auch nur im Ansatz deren Ausländerpolitik kopiert hätte. In Wien ist man nicht grauslich zu Asylwerbern, man übererfüllt sogar die vorgeschriebenen Aufnahmequoten – und das Wiener Jugendamt nimmt auch, heimlich, still und leise, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in seinen WGs und betreuten Wohnungen auf. Freilich: ohne groß darüber zu reden.

Verkehrte Strategie

Genau das könnte in Bezug auf die Wahlen im Oktober zum Problem werden: Nicht darüber zu reden, was man alles tut, um die FPÖ in Wien nicht aufzuschrecken und die eigenen Genossen nicht vor den Kopf zu stoßen, ist wohl die verkehrte Strategie. Die Stadtregierung kann und muss dazu stehen, dass es hier, ähnlich wie in Kanada, "Willkommen"-Packages für Neuankömmlinge gibt, inklusive Gutscheinen für Sprachkurse und einer "Benimmfibel" für ein gedeihliches Zusammenleben. Man kann stolz auf den (ganztägigen und ganzjährigen) Gratiskindergarten sein.

Man soll laut und deutlich erzählen, dass sich die Integrationsstadträtin alles mögliche einfallen lässt, um jene, die trotz alledem nicht Deutsch lernen können oder wollen, zu erwischen (etwa über die Kindergärten, bei der Aktion "Mama lernt Deutsch"). Und man kann sich erst recht was darauf einbilden, dass es ein umfassendes Angebot für die Ferienbetreuung gibt – nicht nur, um arbeitende Eltern zu entlasten, sondern auch, damit Kinder mit Migrationshintergrund nicht in fragwürdige Koranschulen entwischen.

Ewig Beleidigte

Das alles zu wissen und auch zu sehen, dass hier Politiker und Politikerinnen am Werk sind, die wissen, was sie tun, und die zu ihren Überzeugungen stehen – so etwas kann Wählern auch Halt geben in unsicheren Zeiten, selbst wenn einiges bei einigen sicher unpopulär ist. Davon sollte man sich nicht schrecken lassen, zu Recht weist der Sprecher des Wiener Bürgermeisters darauf hin, dass der Wähleraustausch der ewig Beleidigten und Zukurzgekommenen zwischen Rot und Blau längst passiert ist.

Nicht alles funktioniert super in Wien, auch das muss man ansprechen. Es gibt Probleme, etwa das Zurückbleiben von Burschen auf dem Bildungs- und Karriereweg, Perspektivlosigkeit infolge wachsender Arbeitslosenzahlen. Hier muss die SPÖ ansetzen, es geht um Bildung und Arbeit, ihre Kernthemen.

Dabei muss sie bereit sein, sich selbst zu hinterfragen. Auch in Wien gibt es, trotz sozialem Wohnbau, "Problemviertel" und "Problemschulen", man sollte die traditionell roten Horte, wo Kinder sehr oft nicht nach ihren Bedürfnissen betreut werden, überdenken und stattdessen in echte Ganztagsschulen investieren.

Insgesamt aber gibt es viel Herzeigbares in der Bundeshauptstadt, vieles, was auch Rot und Grün gemeinsam als Erfolg verkaufen können. Wenn beide klug sind, tun sie das auch, statt kleinlich den anderen runterzumachen. Der FPÖ muss man mit Haltung begegnen und diese auch begründen. Wird Zeit, dass zumindest ein Bundesland damit beginnt.