Mit bisher zwei Todesfällen und insgesamt 25 Infektionen verbreitet sich das Mers-Virus in Südkorea weit aggressiver als in anderen Ländern. Schon jetzt hat der ostasiatische Tigerstaat nach Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Jordanien die meisten Erkrankungen zu beklagen. Um die Epidemie einzudämmen, stellte die Regierung am Montag fast 700 Leute unter Quarantäne.
Am selben Tag erlag eine 58-jährige Frau einem Atemversagen. Es handelt sich um Südkoreas ersten bestätigten Mers-Todesfall, wie die Behörde mitteilten. Bei dem zweiten Todesopfer handelte es sich um einen 71-jährigen Mann, der am 28. Mai erkrankt war. Wann er starb, blieb zunächst unklar. Drei weitere Patientn befinden sich in einem lebensgefährlichen Zustand.
Mers 2012 erstmals nachgewiesen
Das "Middle East Respiratory Syndrome" wurde erstmals 2012 in Saudi-Arabien nachgewiesen. Seitdem sind laut Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten 1167 Menschen an dem Virus erkrankt, davon 479 tödlich. Zu den Symptomen von Mers zählen Fieber, Atemprobleme, Lungenentzündungen und Nierenversagen. Das Virus gehört zu den Coronaviren, zu der auch das Sars-Virus zählt, an dem bei einem Ausbruch 2003 rund 800 Menschen starben.
Derzeit befinden sich laut Angaben des Gesundheitsministeriums fünf der insgesamt 18 erkrankten südkoreanischen Mers-Patienten in einem besorgniserregenden Zustand. Sie weisen Symptome einer Lungenentzündung auf und sind an Beatmungsgeräten angeschlossen. Die Behörden gehen davon aus, dass sie alle von einem einzigen Patienten angesteckt wurden.
Der 68-jährige Koreaner befand sich bis Anfang Mai auf einer Geschäftsreise in Bahrain. Als er nach seiner Rückkehr aufgrund von Atemschwierigkeiten ein Krankenhaus aufsuchte, teilten die dortigen Ärzte dem Gesundheitsministerium mit, dass der Patient Mers-Symptome aufweisen würde. Die Behörden ignorierten dies jedoch zunächst, da Bahrain nicht zu den Gefährdungsgebieten zählen würde.
Mers-Fall auch in China
Dies ist nur eine von vielen Fahrlässigkeiten, die die südkoreanische Bevölkerung nun in Angst und Schrecken vor einer möglichen Mers-Epidemie versetzen. So erlaubten sie dem Sohn des ersten erkrankten Patienten die Ausreise nach China, obwohl die Ärzte davon abrieten. In der südchinesischen Provinz Guangdong angekommen, zeigte der Südkoreaner nicht nur Anzeichen der Erkrankung, sondern steckte auch einen Chinesen an - der erste Mers-Fall in Festland-China.
Ebenfalls öffentlich wurde nun, dass ein weiterer Viruspatient eineinhalb Stunden lang im Fernbus nach Seoul saß. Der 35-Jährige befand sich auf dem Weg in ein Krankenhaus in der südkoreanischen Hauptstadt, in das er von einem örtlichen Spital in der Provinz Gyeonggi-do überwiesen wurde. Obwohl der Patient die typischen Mers-Symptome aufwies, organisierten die Ärzte für die Überweisung keine Ambulanz. Als der Erkrankte in Seoul ankam, litt er bereits derart stark unter Atemproblemen, dass er eigenhändig den Notarzt rief. Wenige Stunden später wurde er als 14. Mers-Fall diagnostiziert.
Kritik von der Präsidentin
"Wir müssen den Grund finden für die vergleichsweise hohe Übertragungsrate", sagte Präsidentin Park Geun-hye vor Reportern am Montag. Eine Erklärung lieferte die 63-jährige Politikerin gleich mit: Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus bezeichnete sie als "unzureichend".
Vielleicht könnten auch noch andere Gründe für die schnelle Verbreitung eine Rolle spielen. "Ich frage mich, ob es einen genetischen Faktor gibt, der Koreaner anfälliger für das Virus macht, doch bislang gibt es keinen Beleg dafür", sagte Kim Woo-joo vom Gesundheitsministerium. (Fabian Kretschmer aus Seoul, 2.6.2015)