Die großen und mittleren Staaten der Union wollen den von der EU-Kommission vergangene Woche präsentierten Vorschlag zur gerechteren Aufteilung der Asylwerber auf die Mitgliedsländer nicht umsetzen. Das wurde am Montag bei einer Konferenz der Innenminister von sechs Staaten in Moritzburg bei Dresden unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.

Eingeladen hatte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere. Neben seinem Land waren Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Polen vertreten. Gemeinsam stellen sie rund 340 von 507 Millionen Einwohnern in der EU. Im Vorfeld brachte das deutsch-französische Duo einen Alternativvorschlag zur Kommission vor. Darin wird der gewählte Schlüssel mit den Kriterien, nach denen Flüchtlinge EU-weit verteilt werden sollen, infrage gestellt. Ginge es nach der Kommission, so sollen die Größe und die Wirtschaftskraft der Staaten bei der Berechnung der Zahl der Asylwerber, die sie aufnehmen müssen, mit je 40 Prozent "gewichtet" werden, die herrschende Arbeitslosigkeit und das bisherige Engagement bei der Aufnahme von Asylwerbern, mit je zehn Prozent.

Bisheriges Engagement stärker einbeziehen

Insgesamt 40.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland sollen, wie berichtet, so in den kommenden zwei Jahren in einer Notmaßnahme aufgeteilt werden - vorzugsweise Syrer und Eritreer.

Nach deutsch-französischem Wunsch sollen nun Arbeitslosigkeit und bisheriges Engagement der Mitgliedsstaaten stärker zum Tragen kommen, was beide Länder weniger belasten würde als von der Kommission vorgesehen.

Allerdings war die vorgesehene Zahl von 5258 Flüchtlingen für Deutschland und 4051 für Frankreich bereits im Ansatz nicht sehr hoch: Im vergangenen Jahr kamen mehr als 600.000 Asylwerber nach Europa, die meisten über Italien und Griechenland, von wo aus sie - oft illegal - Richtung Norden weiterreisen.

Keine Regeländerungen

Die "Großen" der EU bekritteln aber nicht nur den Verteilungsschlüssel. Sie wollen auch Gewissheit, dass es sich bei der Aufteilung der 40.000 nur um eine begrenzte vorübergehende Maßnahme handle. Auch soll die geltende Regelung, dass die Einreiseländer für Asylwerber zuständig sind ("Dublin II"), nicht angetastet werden. Spanien, Polen lehnen die Zuteilung von Asylwerbern ohnehin massiv ab, genauso wie zum Beispiel Tschechien, die baltischen Staaten oder vor allen Ungarn. Was vom Kommissionsvorschlag übrigbleibt, wird man Mitte Juni sehen: Da treffen sich alle EU-Innenminister in Luxemburg zum regulären Ratstreffen. (Thomas Mayer aus Brüssel, 1.6.2015)