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Diese Musiker sollen Peking in Winterspiel-Stimmung bringen.

AP/Andy Wong

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Der bekannteste davon ist Jackie Chan.

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Zu früh plagt dieses Jahr die Sommerhitze Pekings Einwohner mit Temperaturen über 35 Grad. Die bürgerfreundliche Metropole hat sich eine neue Methode virtueller Abkühlung einfallen lassen. Die schwüle Luft ist voll cooler Lieder. Sie kommen seit Ende Mai online ins Haus, plärren über Handys in Bussen und Bahnen und wirken wie eine erfrischende geistige Brise. Welcher Zeitgenosse könnte sich auch gesungenen Aufforderungen wie "Tanz auf Eis und Schnee", oder "Komm Skifahren an die Große Mauer" entziehen und stur weiter vor sich hinschwitzen.

Peking, das sich gemeinsam mit zwei Nachbarstädten um die Austragung der Olympischen Winterspiele 2022 bewirbt, gibt sich sicher, den Wettbewerb gegen seinen einzig verbliebenen Konkurrenten Almaty in Kasachstan zu gewinnen. Voller Zuversicht lässt es schon zehn Songs zu den Winterspielen erklingen, die vom Bewerberkomitee ausgewählt wurden, obwohl das IOC die Entscheidung erst am 31. Juli in Kuala Lumpur fällt. Chinesische Freunde machen sich mir gegenüber keine Sorgen, wie die Wahl ausgeht: "Die hören doch auf uns."

Der IOC-Präsident, ein guter Freund

Schließlich gilt IOC-Chef Thomas Bach als guter Freund von Staatschef Xi Jinping. Der hat ihm beim letzten Treffen versprochen, bis zum Beginn der Spiele 300 Millionen Chinesen für den Wintersport zu begeistern, mehr als zehnmal so viele wie heute. Peking spielt die verlockende Melodie des Marktes. Seine Künstler singen dazu nun Verse. Zudem reiht sich die Wahl des staubtrockenen Peking gut in andere visionäre Entscheidungen der Weltverbände des Sports ein. Sie passt zu Fifas WM-Vergabe an Wüstenstaat Katar als neues Kickerparadies. Auch Chinas Hauptstadt ist, zumindest was nordische Skisport-Traditionen angeht, ein noch unbeschriebenes Blatt, weiß wie der fehlende Schnee.

Zurück zu den Songs auf die neue Wintersportadresse. Spitzenkünstler jubilieren über Eis und Schnee, allen voran Jackie Chan. Der Hongkonger Filmstar und Meister der Kampfkunst-Stunts brachte es zu Weltruhm, als er die Gattung der Kung-Fu-Filme mit seiner Komik und Slapstick reformierte. Er wurde damit zum Publikumsliebling. Nach der Rückkehr Hongkongs 1997 unter das Dach der Volksrepublik stellte Patriot Chan seine Kunst in Pekings Dienste. Der heute 60-Jährige begann zu singen, etwa das Willkommenslied zu den Sommerspielen Olympia 2008. Nun trällert er von seinem Traum der Winterspiele für Peking. Der Titel heißt : "Wake Up Winter" (Winter, wache auf). Der mal auf Englisch, meist aber auf Chinesisch gesungene Text ist – anders als seine Filme – ernst gemeint. Selbst wenn er die "umherschwirrenden Schneeflocken" besingt – als "Aussaat der Liebe zwischen Himmel und Erde".

Millionen für Jackie Chan

Wahrscheinlich hat die Schwärmerei auch damit zu tun, dass Schnee in Peking eben selten fällt und noch leiser rieselt. Dafür klingelt es umso lauter in Chans Taschen. Die jüngste chinesische Ausgabe von "Forbes" veranschlagt seine Einnahmen in der Volksrepublik für das Kalenderjahr März 2014 bis März 2015 auf 96 Millionen Yuan (14 Millionen Euro). Das setzt ihn auf Platz 3 unter den 100 am besten verdienenden Künstlern.

Sei's drum. Vielleicht können Jackie Chan, der offiziell zum "musikalischen Berater der Pekinger Bewerbung" ernannt wurde, und die neun anderen Interpreten chinesischer Winterträume nicht nur allerletzte Zweifler im IOC überzeugen, sondern am Ende noch den Himmel zum Weinen bringen. So wie es einst Indianer mit ihren Regentänzen machten. Wenn es 2022 nur genügend kalt ist, könnte daraus Schnee werden, zumindest aber Glatteis. (Johnny Erling aus Peking, 1.6.2015)