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Chemie gilt als Ausweichstudium für die bereits beschränkten Fächer Biologie und Pharmazie.

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Wien – Sollten künftig in Chemie neue Zugangsbeschränkungen möglich sein, werden die meisten Universitäten diese auch umsetzen. In den Rechtswissenschaften wollen die Universität Graz sowie die Wirtschaftsuniversität Wien Aufnahmeverfahren einführen. An der Universität Wien sagt die zuständige Vizerektorin für Lehre, Christa Schnabel: "Unsere Rechtswissenschaften haben eine gut gestaltete, herausfordernde Studieneingangsphase, sodass derzeit eine zusätzliche Aufnahmeprüfung nicht notwendig ist."

Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will bis zum Herbst über eine Verlängerung der Zugangsbeschränkungen in Architektur, Biologie, Informatik, Wirtschaft und Pharmazie verhandeln, die seit dem Wintersemester 2013/14 gelten. Die "Testphase" der Aufnahmeverfahren in diesen Fächern läuft Ende des Jahres aus. Zusätzlich schlägt Mitterlehner Zugangstests in Rechtswissenschaften, die mit besonders vielen Studierenden konfrontiert sind, und in Chemie vor. Chemie gilt als Ausweichstudium für die bereits beschränkten Fächer Biologie und Pharmazie.

Zu wenige Laborplätze

In Chemie kann sich die Vizerektorin der Uni Wien durchaus Aufnahmetests vorstellen. "In den vergangenen Studienjahren haben sich die Studierendenzahlen in der Chemie so dynamisch entwickelt, dass insbesondere in Hinblick auf Laborkapazitäten ein Aufnahmeverfahren überlegt werden muss." Aufgrund der angespannten Betreuungssituation sei eine Aufnahmeprüfung vor Beginn des Studiums notwendig.

Der Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien, Christoph Badelt, begrüßt im Gespräch mit dem STANDARD den Vorschlag Mitterlehners. Aufgrund der Zugangsbeschränkungen in den Wirtschaftsstudien ist an seiner Universität derzeit das Fach Wirtschaftsrecht überlaufen. "Ich wünsche mir, dass Zugangsregelungen für die Rechtswissenschaften eingeführt werden, weil die Studierenden sonst rausgeprüft werden müssen."

Dass die bisherigen Aufnahmeverfahren weiter durchgeführt werden können, sei "ganz, ganz wichtig" für die Wirtschaftsuni. Schließlich müsse man sonst aufgrund der begrenzten Kapazität 80 Prozent der Bewerber "irgendwie aus dem System rausbringen". Faire und transparente Zugangsverfahren seien hier ein besseres Mittel.

TU Graz will Tests für Chemie

Ebenfalls für Aufnahmeverfahren in Chemie spricht sich der Rektor der Technischen Universität Graz aus. Das sei ein "dringender und bereits vor Wochen beim Ministerium deponierter Wunsch", sagt Rektor Harald Kainz. Durch die Zugangstests in Molekularbiologie sei Chemie ein "Plan B", für viele sei Chemie auch eine Zwischenstation, bis die Studierenden in ihr Wunschstudium wechseln. Es gebe derzeit einen deutlichen Anstieg bei den Studienanfängern.

Auch die Rektorin der Universität Graz, Christa Neuper, hält die Fortführung der Zugangsregeln für unverzichtbar. Angesichts der schlechten Betreuungsrelationen und steigenden Studierendenzahlen sei eine Ausweitung auf andere Bereiche wie Erziehungswissenschaften, Chemie und Rechtswissenschaften wünschenswert. Die Anzahl der Studienplätze müsse sich künftig aber an den tatsächlichen Kapazitäten, insbesondere in den Laborfächern, orientieren. Derzeit müssen die Universitäten in den oben genannten Studienfeldern so viele Studierende aufnehmen, wie im Durchschnitt zwischen 2010 und 2012 inskribiert waren.

Auch die Rektorin der Technischen Universität Wien, Sabine Seidler, pocht darauf, dass sich die Zahl der Studienplätze an den vorhandenen Kapazitäten orientiert. "Im naturwissenschaftlich-technischen Bereich sind dafür sowohl die Lehr- als auch die Laborkapazitäten zu berücksichtigen." Die TU Wien halte deshalb für den naturwissenschaftlichen-technischen Bereich das Prinzip des Auswahlverfahrens für geeignet. Dafür solle aber die Studieneingangs- und Orientierungsphase (Steop) so weiterentwickelt werden, dass sie "Voraussetzungscharakter" bekomme.

Uni Linz für verschärfte Studieneingangsphase

Ähnlich argumentiert Meinhard Lukas, Dekan für Rechtswissenschaften und zukünftiger Rektor der Universität Linz. Er spricht sich dafür aus, dass die bereits bestehende Studieneingangs- und Orientierungsphase (Steop) ausgebaut wird. "Es sollte in Österreich keinen Studierenden geben, der nicht mindestens ein Motivationsschreiben abgegeben hat." Erst wenn diese Verschärfung nicht greift, könne man auch über Zugangsbeschränkungen in den Rechtswissenschaften nachdenken.

Die Gefahr bei Aufnahmeverfahren, die eine Anzahl von Studienplätzen vorgeben, sieht Lukas darin, dass talentierte Studierende, die den Test knapp nicht bestehen, aus dem Studium herausfallen. Das passiere derzeit etwa in Medizin.

Der Rektor der Universität Innsbruck ist derzeit im Ausland. Im Jänner hieß es zuletzt, dass in Innsbruck die Zahl der Studienanfänger in den Rechtwissenschaften zu bewältigen sei. Auch der Rektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger, hält Zugangsbeschränkungen an seiner Uni derzeit nicht für notwendig. Das derzeitige Gesetz bietet aber ohnehin nur die Möglichkeit von Aufnahmeverfahren. Ob sie umgesetzt werden, entscheidet die Uni. Bisher musste kein Studienbewerber abgewiesen werden: Es gab mehr Plätze als Interessenten. (Lisa Kogelnik, 29.5.2015)