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Peter Pilz: "Damit haben wir erreicht, dass nach Österreich jetzt ein zweiter Staat offiziell gegen NSA und BND ermitteln lässt."

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Die Affäre um mutmaßliche Spionageaktivitäten des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) im Auftrag der USA zieht in Europa immer weitere Kreise. Nachdem die belgische Regierung eine Untersuchung eingeleitet hatte, teilte die niederländische Regierung am Freitag mit, sie habe die deutschen Behörden um Aufklärung gebeten.

Die belgische Regierung hat Untersuchungen wegen mutmaßlicher Spionageaktivitäten des BND eingeleitet. Falls der deutsche Auslandsgeheimdienst tatsächlich die Online-Kommunikation in Belgien "in großem Maße" ausgespäht haben sollte, müsse sich die deutsche Regierung dazu erklären, sagte Telekommunikationsminister Alexander De Croo am Donnerstag. Berichten zufolge half der BND dem US-Geheimdienst NSA jahrelang dabei, Behörden, Unternehmen und andere Ziele in Europa auszuspähen, darunter auch Behörden in Österreich.

Staatssicherheit ermittelt in Belgien

Der Fall sei besonders pikant, da die deutsche Kanzlerin Angela Merkel selbst empört auf die Überwachung ihres Handys durch die NSA reagiert habe, sagte De Croo. Merkel habe damals von US-Präsident Barack Obama umgehend Erklärungen gefordert.

Auch der belgische Justizminister Koen Geens forderte Aufklärung in der Affäre. Die Staatssicherheit sei damit beauftragt worden zu prüfen, "in welchem Ausmaß Belgien tatsächlich von den mutmaßlichen Spähaktivitäten betroffen war". Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse würden die "angemessenen Maßnahmen" ergriffen.

Pilz brachte Affäre ins Rollen

Telekommunikationsminister De Croo forderte sowohl die Telekom-Regulierungsbehörde BIPT als auch den halbstaatlichen Telefonkonzern Proximus auf, den Fall zu untersuchen. Proximus, ehemals Belgacom, erklärte, das Unternehmen habe "keinerlei Hinweise" darauf, "dass es Spionageaktivitäten gegeben hat".

Die belgischen Grünen und der grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz hatten die Affäre in Belgien ins Rollen gebracht. Ihren Angaben zufolge hat der BND auf NSA-Geheiß den Internetverkehr in dutzenden Kabelverbindungen in Europa überwacht. In Belgien waren den Angaben zufolge 15 Leitungen betroffen, von denen zehn Proximus gehören. Die Überwachung erfolgte demnach im Rahmen einer Operation namens "Eikonal" zwischen 2004 und 2008.

NSA-BND-Tour geht weiter

Pilz reist derzeit quer durch Europa, um das Treiben der Geheimdienste öffentlich zu machen. "Damit haben wir erreicht, dass nach Österreich jetzt ein zweiter Staat offiziell gegen NSA und BND ermitteln lässt", sagte Pilz am Freitag dem STANDARD. Pilz plant bereits die nächsten Stationen seiner NSA-BND-Tour: Paris, Bukarest, Warschau und Stockholm. Er hat bereits Pressekonferenzen in Wien, Berlin, Luxemburg, Bern und Brüssel abgehalten.

Peter Pilz kündigt via Twitter neue Enthüllungen in Paris an.

Pilz liegen nach eigenen Angaben direkte Beweise vor, dass der BND zwischen 2005 und 2008 über einen Knotenpunkt der Deutschen Telekom in Frankfurt am Main im Auftrag des US-Geheimdienstes NSA internationale Leitungen angezapft hat. Ihm zufolge ging es um insgesamt 254 Leitungen und mehr als 30 betroffene Länder. Dem Abgeordneten zufolge könnte die durchlaufende Kommunikation internationaler Organisationen, von Regierungen oder Banken abgefangen worden sein.

E-Mail eines Telekom-Mitarbeiters an den BND

Pilz beruft sich unter anderem auf eine E-Mail eines Telekom-Mitarbeiters an den BND, in der angegeben werde, "dass bestimmte Leitungen zugeschaltet worden sind". Darüber hinaus liege ihm ein Vertrag zwischen der Deutschen Telekom und dem BND vom 1. März 2004 vor, "wo genau das Ausspionieren der Transitleitungen vertraglich vereinbart wird", sagte der österreichische Parlamentarier. BND und NSA hätten sich offenbar das Transitleitungsverzeichnis der Telekom angeschaut und dann eine Prioritätenliste erstellt, "welche Leitungen sie sofort abschöpfen wollen.

"Deutsche Behörden müssen endlich aufhören, mit der NSA zu kooperieren, sondern sollten dies mit ihren europäischen Partnern tun", sagte Pilz am Freitag. "Wir müssen die Deutschen geheimdienstmäßig europäisch umpolen, wir müssen sie zurückholen nach Europa."

Paris, Sarajevo und Moskau

Die Angaben über "Eikonal" sind an sich nicht neu. Seit dem vergangenen Jahr gibt es Medienberichte zu der systematischen Überwachung von Kabelverbindungen von Frankfurt aus. Unter den Leitungen einer Proximus-Tochter sind mehrere internationale Verbindungen, unter anderem nach Paris, Sarajevo und Moskau gehen.

Auch in Österreich laufen Ermittlungen in der BND-NSA-Affäre

In Deutschland befasst sich ein Untersuchungsausschuss des Bundestags mit der Spähaffäre. Dabei geht es im Kern um eine Liste mit Suchbegriffen, die die NSA dem BND zur Verfügung stellte, um mit ihnen Spionage zu betreiben. Diese richtete sich Berichten zufolge auch gegen Ziele in Deutschland, anderen europäischen Ländern und die EU. Die Ergebnisse der Spähaktionen leitete der BND dann teilweise an die NSA weiter. Auch in Österreich laufen Ermittlungen in der BND-NSA-Affäre. (sum, APA, 29.5.2015)