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Durch die Frankenaufwertung droht eine gewaltige Lücke in den Bilanzen der österreichischen Banken.

Wien – Auf die österreichischen Kreditinstitute kommen neue Turbulenzen zu – und wieder geht es um die umstrittenen Frankenkredite. Die massive Aufwertung der Schweizer Währung nach Jahresbeginn könnte eine gewaltige Lücke in die Bilanzen der heimischen Banken reißen. Auf dem Spiel stehen rund sechs Milliarden Euro. Zudem wartet auf unzählige Frankenschuldner eine böse Überraschung.

Am Donnerstag präsentierte die Nationalbank (OeNB) in Wien ihren Geschäftsbericht 2014. Gouverneur Ewald Nowotny ging nebenbei auf das nicht ganz einfache wirtschaftliche Umfeld ein. Und überraschte dann mit einem Warnhinweis.

Nowotny zitierte aus einer neuen OeNB-Untersuchung. Demnach hat sich die Kapitallücke wegen der Frankenkredite im ersten Quartal 2015 von 3,1 auf 6,1 Milliarden Euro fast verdoppelt. Aufseher und Kreditinstitute müssten sich "vorbereiten", damit diese Lücke nicht zur Belastung für das Finanzsystem werde, so Nowotny.

Worum es geht: In Österreich sind aktuell noch Frankenkredite in Höhe von 35 Milliarden Euro ausständig. Der größte Teil, rund 26 Milliarden Euro, entfällt auf private Haushalte. Franken-Schuldner müssen während der Laufzeit ihres Kredites in der Regel nur Zinsen abzahlen. Gleichzeitig sparen sie in einem Tilgungsträger an. Meist besteht dieser aus einer Lebensversicherung. Am Ende der Laufzeit soll mit dem angesparten Träger der gesamte Kredit abbezahlt werden.

Höchststand

Doch bereits seit Jahren klafft eine Lücke: Die Tilgungsträger sind weniger wert als die ausständigen Kredite. Die Lücke hat einen neuen Rekordwert erreicht – der bisherige Höchsttand lag 2011 bei 5,4 Milliarden Euro. Hauptursache ist, dass die Schweizer Notenbank die Anbindung des Franken an den Euro im Jänner aufgegeben hat. Seitdem hat der Franken fast um ein Fünftel gegen den Euro aufgewertet. Wenn ihr Darlehen fällig wird, könnten viele Kunden schmerzlich feststellen, dass ihr Kredit nicht abbezahlt ist, sondern sie der Bank weiter Zehntausende Euro schulden.

Das Problem wird nicht sofort virulent, droht sich laut OeNB aber nach 2019 zuzuspitzen. Dann werden in den Folgejahren besonders viele Frankendarlehen fällig. Problematisch ist, dass die Kreditinstitute in ihren Bilanzen nicht für das Problem vorsorgen. Wenn ein Schuldner seinen Kredit nicht mehr bedient, muss die Bank in der Regel eine Wertberichtigung in der Bilanz vornehmen. Institute sorgen also für den Fall vor, dass der Kredit uneinbringlich wird.

Bei den unter Wasser stehenden Frankendarlehen gibt es keine Vorgaben der Aufsicht, wonach eine Vorsorge zu treffen ist. Das bestätigt Andreas Ittner, der bei der OeNB für die Bankenaufsicht zuständig ist. Das Risiko schlummert also bilanziell unentdeckt.

Bilanziell unentdeckt

Die Kunden haben akut keine Probleme, die laufenden Zinszahlungen zu leisten. Die Aufsicht kann die Kreditinstitute deshalb nicht dazu verpflichten vorzusorgen, sagte Ittner zum STANDARD. Hilfreich wäre, wenn die Banken mehr Eigenkapital halten würden, um mögliche Verluste abzudecken – "und darauf drängt die Notenbank seit Jahren", so Ittner. Wie groß das Problem mit der Lücke sein wird, hängt davon ab, wie sich der Franken entwickelt.

Die Tilgungsträger sind jedenfalls umstritten: Der Verein für Konsumenteninformation kritisierte öfter, dass Bankkunden in der Vergangenheit gar nicht so sehr über Währungsrisiken nicht informiert wurden. Vielmehr haben Kreditinstitute ihre Kunden nicht ausreichend über mögliche Probleme beim Tilgungsträger aufgeklärt, heißt es beim VKI.

Der Gewinn der OeNB ist 2014 auf 341 Millionen Euro gestiegen. Nowotny verkündete am Donnerstag erneut, dass Österreich einen Teil seiner Goldreserven heimholen wird. Die Republik verfügt über 280 Tonnen Gold. 80 Prozent davon sind im Vereinigten Königreich gelagert, nur rund 17 Prozent in Österreich. Bis 2020 will die OeNB erreichen, dass die Hälfte der Goldreserven in Österreich gelagert wird. (szi, 29.5.2015)