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Kriminelle werden als Helden verehrt: In Prishtina wurden neun Ex-UÇK-Männer begraben, die in Kumanovo geschossen hatten.

Foto: AP Photo/Visar Kryeziu

Prishtina/Skopje/Tirana - Sogar den Kindern wurden Militärkappen aufgesetzt. Die Männer trugen Uniformen der ehemaligen Kosovo-Befreiungsarmee UÇK, und die Särge wurden mit albanischen - nicht kosovarischen - Flaggen bedeckt. Das Begräbnis am Dienstag wurde zur Manifestation für albanische Ultranationalisten und ihre Idee von Großalbanien. Die UÇK-Veteranen in Prishtina taten so, als wären Helden nach Hause gekommen. Tatsächlich handelte es sich um die Leichname jener neun Kriminellen und Ex-Mitglieder der UÇK, die sich in Kumanovo am 9. und 10. Mai Feuergefechte mit mazedonischen Sicherheitskräften geliefert hatten.

Nur einen Tag nach der UÇK-Kundgebung, am Mittwoch, wurden in Prishtina übrigens zwei hochrangige UÇK-Männer - darunter Sylejman Selimi, Ex-Botschafter in Tirana - wegen Kriegsverbrechen verurteilt. Das politisierte Begräbnis dürfte aber in der Region genau jene Ängste bestätigen, die es im Bezug auf Großalbanien ohnehin schon gibt. Was wirklich in Kumanovo geschah, bleibt weiter unklar. Die mazedonische Regierung wehrt sich gegen eine internationale Untersuchung der Ereignisse "mit Händen und Füßen", wie ein Diplomat erzählt.

"Panalbanische Rhetorik"

So eine Untersuchung wird von zahlreichen EU-Staaten und von Albanien gefordert. Bei dem Vorfall starben schließlich 18 Menschen, zahlreiche andere wurden schwer verletzt, und etliche Häuser wurden zerstört. 21 Personen werden laut Behördenangaben weiter in Skopje in Haft gehalten.

Wie schon in den vergangenen Wochen bekommt die mazedonische Regierung Unterstützung von Russland. Der russische Botschafter in Albanien, Alexander Karpushin, sagte, dass Mazedonien die Kumanovo-Aktion allein untersuchen solle, ohne internationale Gemeinschaft. Die "panalbanische Rhetorik" sei Anlass zur Sorge für Moskau, so Karpushin, der Mazedonien mit der Ukraine verglich und wie zuvor das russische Außenministerium vor einer "farbigen Revolution" und einem Machtwechsel jenseits der "legalen Strukturen" warnte.

Der mazedonische Premier Nikola Gruevski äußerte sich im Vorfeld des Treffens zum Vienna Economic Forum, zu dem er gestern nach Tirana gekommen war, zu dem Gaspipelineprojekt der Russen, genannt Turkish Stream. Er sagte, dass Mazedonien nur dann mitmachen würde, wenn die EU-Kommission und Russland eine Vereinbarung dazu finden würden. Und er zeigte sich mit dem albanischen Premier Edi Rama einig, dass der Weg in die EU Priorität haben müsse.

Demonstranten in Skopje

In Skopje kampieren unterdessen nach wie vor ein paar Demonstranten vor dem Regierungsgebäude, die Gruevskis Rücktritt fordern. Aber auch seine Anhänger sind vor Ort. Die Situation bleibt angespannt, denn Oppositionschef Zoran Zaev will neue abgehörte Telefonate veröffentlichen, unter anderem zum Fall "Monster", bei dem es um Zweifel an der Verurteilung von sechs Albanern für den Mord an sechs slawischen Mazedoniern geht.

Der Druck auf Kritiker der Regierung ist stark. Saso Ivanovski, der Besitzer des Onlineportals Maktel, wurde am 22. Mai brutal zusammengeschlagen. Ein Auto, das in der Garage des Politologen Saso Ordanoski stand, wurde kürzlich angezündet. Der Nova-TV-Journalist Borjan Jovanovski bekam kürzlich einen Grabblumenkranz zugestellt. "Letzte Grüße" war darauf zu lesen. (Adelheid Wölfl, 28.5.2015)