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Konservatives Monopol auf die "Republik": Nicolas Sarkozys Pläne für eine Umbenennung seiner Partei bleiben nicht unkritisiert.

Foto: APA / EPA / OLIVIER HOSLET

Die Idee schien einfach und bestechend – wie so vieles, was Nicolas Sarkozy anpackt: Seine Partei Union für eine Volksbewegung (UMP), die oft mit Parteiskandalen, Postenschacher und Hahnenkämpfen im Zusammenhang steht, soll in Zukunft Les Républicains heißen. Diese wären der alten Finanzaffären entledigt, und ihr Chef könnte mit neuen Parteifarben in den Präsidentschaftswahlkampf 2017 ziehen.

Vor allem würde die übel beleumundete Formation wie durch Zauberhand zu jener breiten Sammelbewegung, die dem 2012 aus dem Amt gewählten Sarkozy vorschwebt: Denn welcher Franzose würde schon bestreiten, ein glühender Anhänger der Republik – soll heißen: ein überzeugter Republikaner – zu sein?

Doch plötzlich ist es gar nicht mehr so sicher, dass der UMP-Parteitag an diesem Wochenende den neuen Namen absegnen wird. Das Vorhaben bekommt immer mehr Widerstand. "Ihr seid nicht die einzigen Republikaner", donnerte schon Anfang Mai Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon. "Worte wie 'Republikaner' oder 'Patrioten' dürfen nicht privatisiert werden!" Schließlich umfasse die Bezeichnung "Republik" wie ihre lateinische Wurzel "res publica" das höchste aller Güter – das Öffentliche.

"Die Linke soll nicht so laut schreien"

Sarkozy machte sich zuerst über solche Einwände lustig: "Die Linke soll nicht so laut schreien. Sie wird sich daran gewöhnen." Dann wandten aber auch Historiker, etwa Jean-Noël Jeanneney, ein, das Wort "republikanisch" stelle ein "politisches Ideal aller Franzosen" dar.

Die erste französische Republik ging 1792 aus der großen Revolution hervor; und nach diversen antirepublikanischen Intermezzi ist Frankreich mittlerweile bei der Fünften Republik angelangt. Und die ist heute politisches Gemeingut, eine Art Staatsreligion für Laizisten. Jeder Politiker, der etwas auf sich hält, beendet seine Rede mit einem flammenden "Vive la République! Vive la France!". Sogar Marine Le Pen beansprucht heute für sich, sie stehe zur und hinter der Republik.

Kein Vergleich mit den USA

Sarkozy erhebt nun den Alleinanspruch darauf - und steht damit zunehmend allein da. Sein interner Widersacher Alain Juppé hält sich vorsichtig aus der Debatte heraus. In Umfragen sprechen sich nicht nur die Franzosen insgesamt, sondern auch die UMP-Wähler mehrheitlich gegen die Parteibezeichnung "Republikaner" aus.

Sarkozy erklärt nun, schon seine Vorgänger Charles de Gaulle und Jacques Chirac hätten die Partei "Union für eine Neue Republik" (1958) und "Sammlungsbewegung für die Republik" (1976) genannt. Den Vorwurf, er lasse sich von den konservativen US-Republikanern inspirieren, weist er zurück: Diese träten für ein multikulturelles Modell ein, während Frankreich die Gleichheit aller hochhalte.

Argumente mit wenig Logik

Noch weniger logisch ist Sarkozys Argument, die französischen Sozialisten seien zuerst Sozialisten und dann erst Republikaner, während die UMP in erster Linie republikanisch und erst danach liberal oder konservativ eingestellt sei. In Wahrheit ist die Republik stets von der Rechten (Monarchisten, Bonapartisten, Pétainisten) bekämpft oder auch als "gueuse" (Bettlerin) beschimpft worden.

Sarkozys wohlbekannte Verdrehungskünste verärgern - und vereinen - seine Gegner aber nur noch mehr: Mehrere Verbände linker oder bürgerlicher Couleur, die in ihrem Namen das Attribut "republikanisch" tragen, verlangen Eilverfahren: Der Name "Die Republikaner" sei als widerrechtlich zu verbieten; er usurpiere einen Wesenszug, der "allen Parteien gemein" sei, und stelle insofern "Etikettenschwindel" dar.

Vorbild für Berlusconi

Ein Pariser Gericht hat den neuen Parteinamen am Dienstag aber genehmigt. Die Gegner wollten das Urteil anfechten. Sarkozy versucht daher vollendete Tatsachen zu schaffen: Vor dem Parteitag am Wochenende organisiert er unter den 210.000 UMP-Mitgliedern eine Internetabstimmung. Der Ausgang ist offen. Und damit vorläufig auch die Frage, wie viele Republikaner noch zu Sarkozy halten. Nach seinem mühseligen Comeback Ende 2014 hat der streitbare Ex-Präsident wieder die Initiative an sich gerissen.

Sein größter Anhänger befindet sich allerdings nicht in Frankreich: Gerüchteweise will Silvio Berlusconi in Italien nun ebenfalls die "Repubblicani" gründen. (Stefan Brändle aus Paris, 28.5.2015)