Pfarrer Hermann Glettler will Neues gestalten und setzt auf Willkommenskultur.

Manchmal handelt sogar die katholische Kirche nach dem Motto: Tue Gutes, und rede darüber. Zu Pfingsten war zweimal Zeit für die ORF-Sendung Feierabend. Der Sendezeitpunkt bildet eine Zwickmühle für jeden Taufscheinchristen. Acht Uhr abends möchte Vati schließlich auf ORF 1 wissen, ob die Rapid mit Wiener Neustadt kurzen Prozess gemacht hat. (Hat sie natürlich nicht.)

Auf dem zweiten Kanal gibt es derweil Kleinodien zu bestaunen. Am Sonntag wurde das Kurzporträt von Oscar Arnulfo Romero ausgestrahlt. Dieser Gottesmann wurde 1977 zum Erzbischof von El Salvador bestellt. Romero besaß bereits zu Lebzeiten eine verklärte Ausstrahlung: Das schmale Gesicht hinter einer großen Brille versteckt, ging er in seiner weißen Soutane und mit einem schüchternen Lächeln auf die Armen zu. Den Machthabern und ihren Todesschwadronen rief er von der Kanzel herab zu: "Hört auf mit dem Töten!" Sie schossen ihn dafür am 24. März 1980 über den Haufen: auf offenem Altar. Nun ist Romero seliggesprochen, und Erwin Kräutler, der Tiroler Bischof am Amazonas, sprach die Worte: "Wenn sich die Kirche der Ärmsten nicht annimmt, ist sie in der Sakristei. Und nur in der Sakristei."

Was es bedeutet, diese auch zu verlassen, wurde anderntags in einem Bericht aus der Grazer Pfarre St. Andrä gezeigt. Der Pfarrer dort heißt Hermann Glettler. Er gibt jungen Flüchtlingen das Gefühl, ausdrücklich erwünscht zu sein. Auch Glettler trägt eine große Brille. Er ist Kunsthistoriker und drückt sich absolut gemeinverständlich aus. Er möchte "mit dem Geist Gottes etwas neu gestalten." Dieser wohnt nicht nur in der Sakristei. Manchmal besucht er auch den ORF. (Ronald Pohl, 26.5.2015)