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Regen und Kälte setzen den Flüchtlingen in den wachsenden Zeltlagern, wie hier auf dem Linzer Polizeisportplatz, arg zu. Festere Unterkünfte aus Containern könne man nicht errichten, weil die jeweiligen Bürgermeister dafür keine Baubewilligung erteilten, heißt es im Innenministerium.

foto: apa/kerschbaum

Bad Gastein / Linz / Wien - Trotz Regens und Kälte werden Flüchtlinge in Österreich weiter in Zelten untergebracht. So auch im Land Salzburg. Dabei könnten 40 Schutzsuchende dort jederzeit ein Dach über den Kopf bekommen: in einer ehemaligen Zwei-Sterne-Pension in Bad Gastein, die dem Hotelier und Neos-Nationalrat Sepp Schellhorn gehört.

Er habe das Haus als Wohnort für seine Mitarbeiter in der Wintersportsaison gekauft, sagt dieser dem STANDARD. "In der wärmeren Jahreszeit steht das Gebäude leer. Aber man kann es leicht bezugsfertig machen. Als Quartieralternative für Flüchtlinge."

Lokale Blitzreaktion

Am Donnerstag meldete Schellhorn sein Angebot bei der grünen Landesrätin Martina Berthold. Auch im Nationalrat, wo die Asylnovelle beschlossen wurde, sprach er darüber. Das wurde in Zeitungen erwähnt – und führte zu einer lokalen Blitzreaktion.

In einem Schreiben von Freitag verwahrt sich Gerhard Steinbauer, ÖVPler und Bad Gasteiner Bürgermeister, in scharfen Worten gegen die Beherbergungsabsichten. Sie würden "gegebenenfalls mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft".

Denn im 4500-Einwohner-Ort Bad Gastein seien bereits 60 Asylwerber untergebracht, also "rund 1,43 Prozent der Bevölkerung". Kämen bei Schellhorn noch 40 Flüchtlinge hinzu, "würde sich der Anteil auf 2,38 Prozent erhöhen": weit über dem landesweiten Schnitt von 0,36 Prozent.

"Sozialer Sprengstoff"

Nach dem Sinn dieser Prozentrechnungen gefragt, weist Steinbauer auf den "sozialen Sprengstoff" hin, den die Flüchtlingsunterbringung mit sich bringe: "Die Einwohner wollen und können das nicht akzeptieren." Schellhorn, so Steinbauer, möge die Asylwerber im unweit gelegenen Goldegg unterbringen, Daran denkt Schellhorn nicht: "Ich halte an meinen Plänen fest."

Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) nimmt sich ihren Ex-Präsidenten Schellhorn zum Vorbild und stellt Betten für Flüchtlinge zur Verfügung, berichtete die "Wiener Zeitung" am Samstag. Man stelle in einer Pension in Wien bzw. in einem Mitarbeiterhaus in Lech Zimmer zur Verfügung, wurde auf der Homepage der ÖHV mitgeteilt. Ihre Mitglieder rief die Hoteliervereinigung dazu auf, leer stehende Mitarbeiterhäuser Schutzsuchenden zur Verfügung zu stellen oder ihre Solidarität mit Sachspenden zum Ausdruck zu bringen.

Dauerthema Quotenerfüllung

Das Innenministerium hat inzwischen in Linz und in Salzburg zwölf weitere Zelte für insgesamt 192 Flüchtlinge errichtet. Vor allem von Oberösterreich fühlt man sich in der Wiener Herrengasse gefrotzelt. Wie berichtet, hatte Soziallandesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) dem Ministerium Ersatzquartiere für die Zeltplätze (die dem Bund unterliegen) angeboten. Doch das Ministerium lehnte ab und forderte, dass das Land zuerst seine vereinbarte Unterbringungsquote erfüllen solle. "Niemand hindert die säumige Landesrätin, ein Landquartier zu eröffnen", hieß es.

Im Land ob der Enns reagierte man beleidigt, aber zumindest prompt: 70 Betreuungsplätze, unter anderem im Europacamp am Attersee, wurden sofort geschaffen, 150 weitere sollen in Kürze folgen.

Die STANDARD-Frage, warum statt Zelten nicht feste Container als Notunterkünfte errichtet werden, traf im Innenressort den nächsten wunden Punkt: "Weil die Bürgermeister nicht mitmachen", so ein Ministeriumssprecher. Denn für die Errichtung von Containerkomplexen mit Strom-, Wasser- und Kanalanschluss bedürfe es Bewilligungen der Bürgermeister.

Zeltstädte wachsen weiter

Im Innenministerium hieß es auf APA-Anfrage, dass in den Zelten trotz des Regens eine trockene Unterbringung garantiert sei. Auch für Heizung sei gesorgt. In Linz habe man extra einen Holzboden errichtet, um Vorsorge gegen die Aufweichung des Untergrundes zu treffen.

Man sei gerade dabei, die angekündigten weiteren Zelte aufzubauen. Auch diese werde man wohl über das Wochenende belegen müssen, hieß es unter Verweis auf den ungebrochenen Flüchtlingszustrom von rund 250 pro Tag und den Umstand, dass es am verlängerten Wochenende kaum Übernahmen durch die Länder gebe.

Caritas will bis zu 100 Flüchtlinge in Horn betreuen

Die Caritas hat am Samstag angekündigt, bis zu 100 Flüchtlinge in Horn betreuen zu wollen. Friedrich Schuhböck, Direktor der Caritas St. Pölten, und Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner erinnerten in diesem Zusammenhang daran, dass 75 Prozent der österreichischen Gemeinden bisher "keinen einzigen Flüchtling unterbringen" würden. Die Zahlen machten deutlich: "Wir brauchen keine Zeltplanen. Wir brauchen lediglich mehr Solidarität und Verantwortungsgefühl." (Irene Brickner, Michael Simoner, APA, red, 23.5.2015)