Potosí/Salzburg – Schwerer Atem, wenig Licht, enge Gänge und Arbeitsgerät wie aus der Kolonialzeit – die Bergarbeiter in den Silberminen des Cerro Rico in Bolivien begeben sich täglich in Lebensgefahr. Sechs Salzburger FH-Studenten haben eine bolivianische Familie bei ihrer Arbeit im durchlöcherten Berg begleitet und einen Dokumentarfilm gedreht.

Der Cerro Rico, auf Deutsch "Reicher Berg", machte die auf 4100 Meter gelegene Stadt Potosí zur wertvollsten Beute der spanischen Eroberer. Der Reichtum des Berges wurde zum Reichtum der Spanier, die die Schätze nach Europa verschifften. Seit die Silberader im 16. Jahrhundert entdeckt wurde, sind acht Millionen Menschen im Berg oder auf dem Weg dorthin gestorben. Einer von ihnen ist der 14-jährige Sohn der Familie Cruz, die von dem studentischen Filmteam begleitet wurde. "Er ist an giftigen Gasen gestorben. Die Familie arbeitet heute noch an der Stelle, wo er verunglückt ist", schildert Andreas Posch (26), der Mitglied des Filmteams war.

Raul Cruz arbeitet dort, wo niemals die Sonnen scheint: In den Stollen des Cerro Rico.
Armin Thalhammer

Die Todesursache seien meist die Arbeitsbedingungen im Berg, die sich seit der Kolonialzeit nicht merklich verändert hätten. Die Mineros, wie die Minenarbeiter genannt werden, würden sich auch heute noch mit Hammer und Meißel durch den Berg graben, um an die letzten Reste Silber, Zink, Zinn oder Kupfer zu kommen.

Hauptadern bereits erschöpft

Viel zu holen gibt es in den Jahrhunderte alten Stollen nicht mehr. "Der Berg ist völlig durchlöchert, die Hauptadern sind schon fast erschöpft, der obere Teil des Berges schwer einsturzgefährdet", sagt Posch. Essen ist unter Tage verboten, viele Mineros kauen deshalb Kokablätter gegen die Müdigkeit und den Hunger. Auch das durch Sprengungen freigesetzte Kohlenmonoxid setzt den Mineros zu. "Es gibt nur wenige Schutzmasken. Viele Arbeiter sterben an einer Vergiftung oder leiden an einer Staublunge", sagt die Masterstudentin Katharina Rettenbacher, die als Producerin tätig war.

Raul Cruz arbeitet dort, wo niemals die Sonnen scheint: In den Stollen des Cerro Rico.
Armin Thalhammer

Statistisch gesehen stirbt pro Tag ein Arbeiter. Für die Einheimischen war der Cerro Rico stets ein Berg des Teufels. Für die Toten machen sie den teuflischen Gott "Dio" verantwortlich. Wenn jemand im Berg umkommt, sei er von "Dio" gefressen worden – dieser Aberglaube herrsche heute noch, sagt Posch.

Trotzdem arbeiten immer noch rund 15.000 Mineros in der Mine, darunter auch bis zu 1000 Kinder. "Die Stadt lebt von der Mine. Viele Einwohner haben keine andere Arbeitsmöglichkeit", erklärt Rettenbacher. Auch die Familie Cruz: Vater Guillermo, der älteste Sohn Raul, Schwiegersohn Grover und die zwei jüngeren Söhne Alex und Marco suchen bis zu 18 Stunden täglich nach Mineraladern. Sechs Wochen lang gingen die Studenten täglich mit der Familie in die Stollen, krochen durch enge Gänge und filmten die Arbeiter beim Abbau von Edelmetallen.

Film mit Hilfe von Crowdfunding finanziert

Mit dem Dokumentarfilm wollen die Studenten auf die Situation der Minenarbeiter aufmerksam machen. Die Doku kommt ohne Sprecher aus, setzt auf die akustische Atmosphäre der Mine und die Schilderungen der Bergarbeiter. Unterstützung für ihr Projekt erhielten die Studenten von der FH, der Filmförderung sowie Stadt und Land Salzburg. Mithilfe eines Crowdfundings brachten die Studenten die letzten 5000 Euro auf, um den Film fertigzustellen. Der 25 Minuten lange Dokumentarfilm hat am 1. Juli im Salzburger Das Kino Premiere. (Stefanie Ruep, 24.5.2015)