Seit Herbst 2013 war bekannt, dass Max Liebermanns "Zwei Reiter am Strand" (1901, erste Version) einst David Friedmann gehörte. Vor etwa zehn Tagen wurde das Gemälde an dessen Erben restituiert, nun soll das Gemälde bei einer Auktion in London etwa 750.000 Euro einspielen.

Foto: Sotheby's

Detail aus der Liste der bei Hildebrand Gurlitt 1945 von den Amerikanern beschlagnahmten und 1950 retournierten Kunstwerke. Unter Nr. 1930 ist Max Liebermanns Gemälde ("two riders on the beach") verzeichnet.

Foto: Archiv/Collecting Point Wiesbaden

London/München – In der Geschichte des von Restitutionen profitierenden Kunstmarkts dürfte es sich wohl um den flottesten Deal aller Zeiten handeln: Erst am 12. Mai hat das Amtsgericht in München offiziell grünes Licht für die Rückgabe zweier Gemälde aus dem Gurlitt-Fundus gegeben, eine Übergabe und zehn Tage später wurde nun bekannt, dass Max Liebermanns "Zwei Reiter am Strand" am 24. Juni bei Sotheby's in London zur Auktion gelangt.

Die Rückgabe hatte sich durch die langwierige Abwicklung des Nachlasses verzögert und war auch nach Erbantritt des Kunstmuseums Bern aufgrund der Testamentsanfechtung einer Cousine Cornelius Gurlitts ins Stocken geraten.

NS-Entziehung 1941

Ursprünglich hatte dieses von zeitgenössischen Kritikern gelobte Meisterwerk des deutschen Impressionismus – von dem eine weitere Version existiert – dem Künstler und Corinth-Schüler David Friedmann gehört, der 1938 mit seiner Familie nach Prag flüchtete. Sein Besitz (unter anderem Kunstwerke) verblieb bei einer Spedition in Berlin, wo er 1941 von der Gestapo eingezogen wurde. Über welche Kanäle Cornelius Gurlitts Vater zu diesem Gemälde kam, war bis vor kurzem nicht bekannt.

1960 war es zuletzt bei einer Ausstellung zu sehen und verschwand dann bis zur Auffindung in Gurlitts Schwabinger Wohnung 2012. Noch vor Bekanntwerden der Causa im Herbst des Folgejahres hatte David Toren, Friedmanns Großneffe, das Gemälde im November 2011 bei Lostart, der offiziellen Datenbank für "NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter" in Deutschland, als Verlust gemeldet. Die Staatsanwaltschaft hatte weder den Erben noch seinen Rechtsvertreter über den Fund in Gurlitts Wohnung informiert.

Im März 2014 reichte Toren vor einem Gericht in Washington Klage gegen Deutschland und den Freistaat Bayern ein. Ende Juli 2014 veröffentlichte die "Taskforce Schwabinger Kunstfund" schließlich den zugehörigen Provenienzbericht und resümierte: " Im Ergebnis kann anhand der derzeit vorliegenden Informationen und konsultierten Quellen mit höchster Wahrscheinlichkeit bejaht werden, dass das "Gemälde in Frage" zulasten der heute noch lebenden Erben nach David Friedmann NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde."

Wie Gurlitt in den Besitz kam

Laut Sotheby's wechselte das Kunstwerk vier Monate nach David Friedmanns Tod im Juli 1942 über eine Versteigerung bei Hermann Petschel in Breslau für 1.600 Reichsmark in den Besitz von Cornelius Müller-Hofstede, damals Direktor des Schlesischen Museums der bildenden Künste, der es einen Monat später an Hildebrand Gurlitt verkaufte.

Als der Kunsthändler 1945 festgenommen worden war, hatte die Delegation der Monuments Men auch Kunstwerke (125 Gemälde und Zeichnungen) sichergestellt, die man ihm (bis auf zwei) 1950 retournierte, darunter auch dieses Liebermann-Bild.

Ab 19. Juni wird das Gemälde erstmals seit 55 Jahren bei Sotheby's in London der Öffentlichkeit präsentiert. Im Zuge des Evening Sale Impressionist & Modern Art soll das Werk den monetären Erwartungen der Experten zufolge zwischen 480.000 und 750.000 Euro einspielen. (Olga Kronsteiner, 22.5.2015)